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Artikel vom 05.11.2006

Autor: Stefanie Mohr

Kategorie: Interviews
Umfang: 1 Seiten


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Interviet mit Frank Nestel von Spiele von Doris & Frank



cliquenabend.de: Wie kommt man dazu Spiele zu entwickeln?

Doris & Frank: Zum Spielentwickeln kommen wir durch Spielen. Dazu kommt immer mal wieder das Gefühl, dass man doch gerne ein Spiel hätte, das so und so wäre und das aber im Spieleschrank nicht zu finden ist.
"So und so" kann dabei ein Thema sein, ein Mechanismus oder irgendein Dilemma, vor dem man seine Kollegen Mitspieler gerne sehen würde.

cliquenabend.de: Welches sind Ihre bekanntesten Werke?

Doris & Frank: Es ist schwer zu sagen, welches Spiel unser bekanntestes ist. Vermutung ist "Ursuppe", vielleicht "Mü und Mehr". Beide Spiele sind im Eigenverlag und in Lizenzen erschienen.

Meistverkauft im Eigenverlag ist auf jeden Fall "Zoff im Zoo". Aber das mit Abstand meistverkaufte ist auf jeden Fall "Au Backe", das beim Zoch Verlag erschienen ist. (Anmerkung d. Red: Eine Spieleliste von Doris und Frank findet ihr Hier)

cliquenabend.de: Wie kann man sich den Alltag eines Spieleautoren-Teams vorstellen und was tun Sie, wenn Sie keine Spiele erfinden?

Doris & Frank: Die meiste Zeit erfinden wir keine Spiele, da wir ausfüllende Berufe haben, ein Kind, ein Haus, einen Garten, Freundeskreis, andere Medien außerhalb der Spielewelt und manchmal auch verreisen.
Ich denke, da ist nichts besonderes dabei. Auch was die Quantität an Spieleabenden betrifft, sind wir eher Mittelmaß und es scheint viele Spieler zu geben, die mehr Zeit in das Hobby stecken.

cliquenabend.de: Entwickeln Sie alle Spiele gemeinsam? Wer bringt meist die Ideen für Innovationen?

Doris & Frank: Initiator ist meist eher Frank. Doris ist erste Kritikerin, spielerische Qualitätskontrolle und entscheidet, wann etwas fertig ist, denn Frank würde alles recht lange testen.

cliquenabend.de: Wurden Sie von bestimmten Spielen inspiriert?

Doris & Frank: Manchmal, aber meist recht indirekt. "Ursuppe" hatte seine Inspiration in der populärwissenschaftlichen Literatur der 80er Jahre und dem Brettspiel Civilisation.
"Mü" entstand parallel zu einem Bridge-Kurs, und sollte alles enthalten, was uns an Bridge gefiel und alles weglassen, was Bridge schwer macht.

cliquenabend.de: Gibt es ein Spiel auf das Sie besonders stolz sind? Warum?

Doris & Frank: In dem Moment wo ein Spiel fertig ist, ist man immer irgendwo stolz.
Doch danach folgt rasch eine Phase von Zweifeln, meist schon bevor das produzierte Exemplar der Öffentlichkeit gezeigt wird, das ist sozusagen das Lampenfieber des Spieleautors. Theoretisch kann man sich erst entspannt zurücklegen, wenn das Spiel die Anerkennung durch die Spieleszene bekommen hat.
"Ursuppe", "Mü" und "Zoff im Zoo" sind in dieser Hinsicht sicher ein Erfolg, aber am faszinierensten ist vielleicht immer noch unser uraltes Spiel "Igel Ärgern" von 1990, das wir seitdem ununterbrochen vertreiben.

cliquenabend.de: Wie kam es zum Spiel Ursuppe? Wer von Ihnen kam auf das Thema und wie verlief die Umsetzung?

Doris & Frank: Wie erwähnt, das Thema "Entstehung des Lebens" war um 1990 recht gut in den Medien, auch den Massenmedien. Ob es soetwas in der heutigen Zeit noch einmal gäbe? Ich befürchte, die Medienlandschaft gibt es vielleicht nicht mehr her.
Das Thema hatte es verdient, monumental zu sein und das einzige monumentale Spiel, das ich damals kannte, war "Civilisation" (das Brettspiel, das ja auch den Autor des gleichnamigen Computerspiels inspierierte, zu dem es dann später ein Brettspiel gab).
Civilisation hatte viele Dinge die mit menschlicher Interaktion zu tun hatten und ein paar, die mit Entwicklung und Regelmodifikation zugunsten der eigenen Farbe zu tun hatten. Menschliche Interaktion war kaum passend und die tierische Interaktion war recht primitiv. Irgendwann war klar, dass es ein Spiel mit relativ massiv selbstmodifizierenden Regeln werden würde.
Das war damals auch ziemlich aktuell, aber das war uns nicht bewußt.

cliquenabend.de: Wie lange dauerte es, bis die Ursuppe reif für den Handel war?

Doris & Frank: 7 Jahre Testspiele. Im Gegensatz zu anderen unserer Spiele ist es relativ wenig ganz in der Schublade verschwunden, weil kein Weg mehr zu sehen war, wie man es weiterentwickeln muß. Die Balancierung der Gene war sehr sehr aufwändig.

cliquenabend.de: Sie haben bei der Erweiterung der Ursuppe Ideen von Spielern aufgenommen, bekommen Sie auf Ihre Spiele viel Resonanz und inwieweit ist es möglich Ideen von Spielern umzusetzen?

Doris & Frank: Seit 1992 war ich per E-Mail und News auf dem Internet, seit 1997 gibt es unsere Homepage. Für deutsche Verhältnisse waren wir somit recht früh im Internet präsent und damit ansprechbar. Das war auch ein Hauptweg für Feedback. Inzwischen flaut das ab, die Großen haben das Internet entdeckt und zunehmend die Kontrolle. Das Internet ist, trotz Blogs und Foren, im Jahre 2006 viel mehr ein nur zu lesendes Medium wie Fernsehen, als es das vor 10 Jahren war. Sicher auch, weil das Publikum vor 10 Jahren einen überproportionalen Anteil hoch ausgebildeter enthielt und damit auch ein bischen akademische Streitkultur online war.

Der Mechanismus der Gene aus Ursuppe und Urland, erlaubt relativ einfach neue Dinge an ein Spiel zu bauen, erlaubt aber eben auch die neuen Ideen zu publizieren: Es müssen nur ein paar Karten gedruckt werden. Im übrigen ist unser am meisten von Spielern variiertes Spiel vermutlich "Igel Ärgern". Ein sehr einfaches Spiel, das wir mit einer dicken Variantensammlung ausliefern. Durch Kombination von Varianten gibt es hunderte von interessanten Wegen, das Spiel zu spielen.

cliquenabend.de: Müssen auf der Entwicklungsstrecke auch mal Features weggelassen werden, die man eigentlich fest eingeplant hatte?

Doris & Frank: Ja, oft. Aber wir sind da nicht flexibel. Wenn ein Spiel die initiale Idee nicht mehr enthält, dann stelle ich zumeist den Testbetrieb ein.
Wenn man ein komplexeres System hat, wie Ursuppe oder auch unser Arche Opti Mix, ist man irgendwann an einem Punkt, wo man die technischen der Probleme des Systems gelöst hat und in weiten Bereichen recht beliebig Features ein- und ausbauen kann. Da ist weniger oft mehr.
Bei einfacheren Spielen bekommt man so einen Spielraum oft nicht.

cliquenabend.de: Gibt es schon bekannte Hausregeln die nicht im Regelwerk stehen, die Sie aber gerne anwenden?

Doris & Frank: Eher nicht, außer das wir "Igel Ärgern" oft mit der Dopingregel spielen, die aber in der Variantensammlung dokumentiert ist, oder daß ich bei "Mü" oder "Zoff im Zoo" für Turnierzwecke an den Punktwertungen etwas schraube.

cliquenabend.de: Bei welchem Spiel ärgern Sie sich, dass sie nicht selbst die Idee dafür hatten?

Doris & Frank: Bei jedem guten :-)
Ärgerlicher ist eher, wenn man schon ein paar Jahre an irgendeinem Spiel herumtestet und dann eines herauskommt, was mechanisch oder thematisch recht nahe daran liegt.

cliquenabend.de: Was für Arten von Spielen können wir in Zukunft von Ihnen erwarten?

Doris & Frank: Letztlich ist der Anstoß zu einem neuen Spiel immernoch eine eher schwer vorherzusagende Inspiration. Als Autoren wird es vielleicht dank unseres Juniors ein paar mehr Kinderspiele geben, die aber dann vermutlich nicht in den Eigenverlag passen würden.

cliquenabend.de: Haben Sie ein Konzept, was schon länger auf Lager ist und Sie gerne einmal Umsetzen würden?

Doris & Frank: Ja, es gibt immer ein paar verstaubte Konzepte in der Schublade, die auf die Lösung irgendeines Problems warten. Auch da ist schwer vorherzusagen, wann die Erleuchtung kommt.

cliquenabend.de: Gibt es etwas, was Sie unseren Lesern mitteilen möchten?

Doris & Frank: Ich wünsche den Lesern weiter viel Spaß beim geselligen Spielen am Tisch und dass sie sich die Zeit nehmen, Spiele mit Beratung in echten Spieleläden zu kaufen. Ein Spielemarkt, der sich vor allem an repräsentativer Aufmachung und niedrigem Preis der Spiele profiliert, sprich ein Zuviel an Internethandel, ist der Untergang der innovativen Kleinverlage, die sicherstellen, dass unser Hobby abwechslungsreich bleibt.
Das deutsche Modell der Kleinverlagskultur wird im Moment weltweit immitiert, auch zum Beispiel in USA und Japan, und ist neben ausführlicher Kulturarbeit im Lande auch ein Kind des Internet. Leider wird das Internet inzwischen was Vermarktung betrifft ein zunehmend grober Raum.

Das Interview wurde von Stefanie Mohr für cliquenabend.de geführt.

Vielen Dank an Doris & Frank für die freundliche Unterstützung.
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