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Artikel vom 17.07.2007

Autor: Smuker

Kategorie: Interviews
Umfang: 1 Seiten


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Interview mit Arte Ludens



Wir haben uns mit Moritz Wittensöldner und Claudia Roemmel, den beiden schlauen Köpfen hinter Arte Ludens, unterhalten und sie Löcher in den Bauch gefragt. Das Ergebnis findet ihr in diesem ausführlichen Interview.

cliquenabend.de: Hallo Ihr Zwei, könnt ihr euch unseren Lesern kurz vorstellen?

Moritz: Ich arbeite als Softwareentwickler und bin Spieleautor bei arte ludens.

Claudia: Und ich bin freischaffende Performerin, Choreografin, Bewegungslehrerin, Webdesignerin und vieles mehr.

cliquenabend.de: Wie kam es zur Verlagsgründung von Arte Ludens?

Claudia: Nun, wir hatten im Zusammenhang mit einer Performance vor eineinhalb Jahren eine Idee für ein "poetisches" Kartenspiel. Design, Regeln, Prototyp und alles war bereits gemacht. Bei der Recherche nach Druckmöglichkeiten haben wir dann aber gemerkt, dass eine Kleinauflage viel zu teuer ist - und so haben wir das Projekt dann wieder fallen
gelassen.

Moritz: Kurz darauf kam mir die Idee für "dynamory" und wir beschlossen, dieses Spiel zu produzieren und herauszugeben.

cliquenabend.de: Habt ihr vor der Verlagsgründung eure Spielideen anderen Verlagen vorgestellt?

Moritz: Nein. Wir sind Menschen der Tat und wollten weder 2 Jahre auf eine Spielveröffentlichung warten noch uns in unsere Spiele reinreden lassen. Zudem finden wir die Arbeit der Spieleproduktion von der Idee bis zum Verkauf sehr interessant.

cliquenabend.de: Welche weiteren Elemente spielten bei der Verlagsgründung eine Rolle?

Claudia: Vielleicht war auch einfach eine Portion Schalk dabei. Weder Moritz noch ich haben Lust, irgend jemanden zu fragen, ob wir was machen dürfen oder nicht. Also machten wir einfach. Die Motivation dazu kam bestimmt auch einfach aus unserer Neugierde, ob es funktionieren würde.

cliquenabend.de: Eure Spiele erkennt man vor allem am Holzanteil und den taktischen Elementen. Wird das so bleiben?

Moritz: Ja, das wird wohl so bleiben. Ein Holzspiel ist einfach anders zu spielen als ein Spiel aus Kunststoff oder Pappe. Wenn ich weiss, dass das Spiel anfassbar ist, reizt es mich viel mehr, es wieder und wieder zu spielen.

Claudia: Taktische und strategische Spiele werden es wohl auch in Zukunft bleiben. Das ist das, was uns selbst interessiert und somit auch in die Spielentwicklung einfließt. Wir lieben Spiele, die die Köpfe zum rauchen bringen.

cliquenabend.de: Ein eigener Verlag ist sicherlich nicht so einfach zu gründen und zu managen. Ist euch schon etwas Komisches bzw. im Nachhinein Lehrreiches oder Lustiges passiert? Wenn ja, was?

Moritz: So schwierig ist es nun auch wieder nicht. Man braucht halt Platz, um die Spiele und Spielmaterialien zu lagern. Dies ist für uns die größte Schwierigkeit. Lehrreich war die Bestellung der schwarzen Holzplättchen für "dynamory". Die haben wir bei einem anderen Verlag bestellt, der die nicht mehr brauchte. Er hatte allerdings nicht genügend davon und musste noch neue dazu bestellen. Die neuen waren dann auch neu. Aber leider nur die. Bei den "alten" war die schwarze Farbe stellenweise so abgescheuert, dass das Holz darunter sichtbar wurde. Sie sahen aus wie gebraucht. Der Verlag hat sich geweigert, die Steine zurückzunehmen, weil sie seiner Meinung genügend schwarz waren. Somit sitzen wir nun auf einem Haufen abgescheuerter schwarzer Holzplättchen, mit denen wir noch in 100 Jahren Prototypen für neue Spiele bauen können. Und seither bestellen wir zuerst Materialmuster.

cliquenabend.de: Aktuell habt ihr vier Spiele entwickelt, sind weitere in Planung? Was könnt ihr dazu schon verraten?

Moritz: Wir haben noch einige Prototypen auf Lager, die auf Veröffentlichung warten. Oder auch nicht. Es kommt immer ein wenig auf die Produktionskosten an, ob es sich lohnt ein Spiel zu veröffentlichen oder nicht. An Ideen mangelt es uns nicht. Zum nächsten Spiel verraten wir noch nichts. Es wird aber in unsere Linie passen und somit kann man doch schon einiges sagen. Es spielen wieder Holzspielsteine eine zentrale Rolle. Das Spiel wird taktischer Natur und schön gestaltet sein. Die Spielanleitung ist kurz und das Spiel passt in die quadratische Schachtel.

cliquenabend.de: Könnt ihr kurz sagen was euch bei euren vier Spielen jeweils am Besten gefällt?

Claudia: Alle vier Spiele können ohne Spielbrett direkt auf dem Tisch gespielt werden. D.h. es gibt nichts an unnötigem Schnickschnack. Und in dieser Purheit entstehen dann auf dem Tisch kleine, wunderschöne Holz-Landschaften. Für mich sind unsere Spiele trotz der kognitiven Komponente auch einfach sinnlich - visuell, akustisch, taktil.

Moritz: An "dynamory" fasziniert mich der Wettbewerb mit sich selbst. Obwohl man das Spiel mit anderen Personen spielt, gehts auch darum, sich selbst zu beweisen, was und wie viel man sich merken kann. Bei "togg" ist es - wie Claudia sagte - immer wieder faszinierend, wie die dreidimensionalen Landschaften entstehen, obwohl der Fokus des Spiels ganz woanders liegt. "kuado" ist schön, weil es so einfach ist und schnell geht. Bei "pendur" fasziniert mich das Abwägen des Risikos. Lohnt es sich, mir eine gute Vorlage zu bauen, obwohl diese auch von der gegnerischen Seite genutzt werden kann.

cliquenabend.de: Wie kamt ihr auf das ausgeflippte und grelle Design bei Dynamory und wer hat es entwickelt?

Claudia: Für das Gestalterische bei arte ludens bin großenteils ich zuständig. Und ich wehre mich gegen diese 08/15-grün-gelb-rot-blau-Normen. So grellgrün auf schwarz ist doch einfach edel, oder nicht?? Die Sujets für "dynamory" sollten abstrakt sein, damit man sich nicht einfach "Haus", "Wolke", "Kugelfisch" merken kann. Das lustige ist allerdings, dass man während dem Spielen den abstrakten Sujets dann doch wieder Namen zuordnet. Nach zwei oder dreimal spielen muss man daher die Mitspielerinnen unbedingt danach fragen, wer welches Plättchen wie benennt - das ist so ein kleiner Nebenbei-Spaß!

cliquenabend.de: Dynamory hat vieles mit dem klassischen Memory gemein und ist doch irgendwie erwachsener und auch taktischer. Wie kamt ihr darauf das Konzept zu verbessern bzw. anzupassen?

Moritz: Man kann sagen, "dynamory" ist im Traum entstanden. Die Art der Fortbewegung der Holzplättchen habe ich geträumt. Dann ergab sich eines aus dem anderen. Damit das Bewegungskonzept funktioniert, müssen die Spielsteine zuerst auf Türmen aufgebaut sein. Damit man weiss, mit welchem Turm gefahren werden kann, müssen Spielfiguren her. Und dann haben wir gespielt und verfeinert.

cliquenabend.de: Kuado erinnert irgendwie an ein edles Käsekästchen-Spiel wo kam euch die Idee dazu? Was ist der Unterschied zum gemeinen Käsekästchen?

Moritz: Zuerst mal nachschauen, was ein Käsekästchen-Spiel ist. Aha. In der Schweiz heißt es "Chrüzli-Spiel". Beim Käsekästchen-Spiel geht es darum, möglichst große Flächen in einem vorgegebenen Raster zu bilden. Bei "kuado" geht es darum, nur ein einziges Quadrat in der eigenen Farbe zu legen. Dies ist schon schwierig genug. Ich würde es eher mit 4 Gewinnt vergleichen. Die Holzstäbe, mit denen das Quadrat gebildet werden muss, werden nicht direkt auf den Tisch gelegt, sondern auf Fundamentsteine. Man muss also immer zuerst einen Fundamentstein legen, um anschließend den Quadrate-Bau vorwärts zu treiben. Auf ein Fundament können bis zu vier Holzstäbe gelegt werden. Interessant wird es eigentlich erst, wenn das gesamte Spielmaterial verbaut ist. Dann müssen bereits verbaute Fundamente und Holzstäbe umplatziert werden. Die Idee zu "kuado" entstand aus der Not heraus. Für "dynamory" haben wir Spielfiguren - runde Holzscheiben - in vier verschiedenen Farben bestellt. Als sie ankamen, merkten wir, dass die blauen Holzscheiben rein ästhetisch nicht zu den andern Scheiben passten, worauf wir sie durch rote ersetzen mussten. Wir saßen also auf einem Berg blauer Holzscheiben, für die es ein Spiel zu entwickeln galt. Herausgekommen ist "kuado".

cliquenabend.de: Aktuell gibt es auf dem Markt viele Gehirntrainer. Ist Pendur eure Antwort darauf?

Moritz: Alle unsere Spiele sind Gehirntrainer. Wir entwickeln sie aber nicht, weil der Markt danach schreit, sondern weil uns diese Art Spiele persönlich interessiert. Jedes Spiel spricht einen anderen Hirnbereich an. "pendur" ist speziell auf die visuelle Wahrnehmung ausgerichtet. Es geht darum, Farben und Formen auseinander zuhalten. Kein Problem, denkt man, das kann ja nicht schwierig sein. Es zeigt sich aber, dass gerade Leute, die "pendur" zum ersten Mal spielen, ihre liebe Mühe damit haben, obwohl die Regeln nicht schwierig sind. Aber zum Glück lernt das Gehirn und von Mal zu Mal geht es besser.

cliquenabend.de: Wen man sich eure Spiele ansieht, merkt man, dass sie von der Größe identisch sind. Wird das Format euer Erkennungszeichen oder plant ihr auch größere oder kleinere Formate?

Moritz: Die Spielschachtel ist ein Erkennungszeichen und wird in ihrem Format so bleiben. Somit darf auch der Inhalt eine bestimmte Größe nicht überschreiten.

Claudia: Ein Traum von mir ist, die bestehenden Spiele in Großformat zu bauen. Als Garten- oder Schulhofspiele. Das wäre einfach toll, wenn die Strategie noch mit körperlicher Betätigung verbunden werden könnte und man so richtig anpacken müsste, um die Spielsteine oder Blöcke zu verschieben.

cliquenabend.de: Welches Holzspiel und welches Taktikspiel spielt ihr, wenn ihr euch mal nicht mit euren Produkten beschäftigt? Warum gerade diese?

Moritz: Wir Spielen gerne "Corona" und "Rasende Roboter" von Alex Randolph. Ebenfalls Hirnspiele.

Claudia: Oder auch "Abalone" und "Martello".

cliquenabend.de: Bei welchem Spiel hättet ihr euch gewünscht, ihr wärt selbst am Werk gewesen und warum?

Moritz: Eben diese ("Corona", "Rasende Roboter"). Die Spiele sind so einfach in der Idee und so kompliziert/anstrengend/aufregend im Spiel. Voll und ganz unser Geschmack. Wir wissen aber nicht, ob wir diese Spiele verlegt hätten, da sie doch eher einen kleinen Teil der Spielgemeinschaft ansprechen.

Claudia: "Rasende Roboter" hätte ich definitiv anders benannt und schlichter gestaltet! Aber die Idee ist genial!

cliquenabend.de: Dieses Jahr werdet ihr euren ersten Messestand in der Schweiz aufbauen. Wie sehen die Planungen dafür aus?

Moritz: Der Messestand ist bestellt. Das ist im Moment bereits alles, was an Vorbereitungen gemacht wurde. Wir werden hauptsächlich "pendur" vorstellen. Das Material ist hier. Wir müssen vor der Messe lediglich noch eine Klebe-, Falt- und Verpackungsaktion durchgeben. Die Messe ist erst im November.

Claudia: Nun ja, da ist natürlich auch immer noch die Frage, wie man sich an einer Messe denn präsentieren will. Wir haben uns bereits Gedanken dazu gemacht, wie unser Stand aussehen und was er ausstrahlen soll. Wir werden unserer Linie treu bleiben: schlicht und pur aber mit knackigem Kern...

cliquenabend.de: Wann wird man euch mal live in Deutschland antreffen können und wo?

Moritz: Im Moment haben wir noch keine Pläne. Da der Verkauf unserer Spiele in Deutschland viel besser läuft als in der Schweiz, wollen wir dieses Jahr die Schweizer Messewelt beackern. Wenn uns die Messeluft gefällt, sind wir vielleicht 2008 in Stuttgart anzutreffen.

cliquenabend.de: Wollt ihr unseren Lesern sonst noch etwas mitteilen?

Moritz: Nun, wir hätten noch (halb)schwarze Holzplättchen...

cliquenabend.de: :-)

Das Interview wurde von Andreas Buhlmann für cliquenabend.de geführt.

Vielen Dank an Claudia Roemmel und Moritz Wittensöldner für Ihre Unterstützung.
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