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Killerspiele gibt es nicht nur elektronisch

event   |   Mo. 15.01.2007, 13:09 Uhr   |   Smuker   |   Kommentare (0)   |   Bookmark and Share

Gewaltverherrlichende Killerspiele sind nicht wie manche denken werden eine Erfindung des Computer-Zeitalters. Solche Art von Produkten wurden vor allem in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen schon viel früher zu Propagandazwecken missbraucht. "Keine Epoche hat so viele Kriegs- und Propagandaspiele hervorgebracht wie die Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs", erläutert Helmut Schwarz, Direktor des Nürnberger Spielzeugmuseum, die Ausstellung "Bomben-Stimmung - Krieg und Propaganda im Gesellschaftsspiel". Als Instrumente der Propaganda sollten Spiele Kinder und Erwachsene auf den Krieg einstellen, die Kampfmoral stärken, den Feind verteufeln oder den Sieg herbeiwürfeln: Sie verbreiteten im Wortsinne "Bombenstimmung". Manche Spiele dienten vorwiegend der Belehrung, andere eher der Unterhaltung und Ablenkung. Gespielt wurde nicht nur im Salon oder im Kinderzimmer, sondern auch im Luftschutzraum, an der Front oder im Gefangenenlager. Nur wenige Spiele wurden von staatlichen Stellen bewusst als Propagandainstrumente eingesetzt. Kommerzielle Interessen und patriotische Gefühle trugen vielmehr dazu bei, dass die Spielehersteller ihr Programm freiwillig am kriegerischen Zeitgeist orientierten. Der Spieltitel "Oh, welche Lust Soldat zu sein" aus dem Jahr 1935 macht deutlich, wie Spiele, die an sich einen vergnüglichen Zeitvertreib darstellten, politisch-psychologisch zur Vorbereitung und später zur Rechtfertigung eines Krieges genutzt wurden. Auch bei dem Spiel "Tanks greifen an" geht es darum, für die Armee und den Aufbau einer Luft- und Panzerflotte zu werben. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatten die ersten Kriegsspiele noch der politisch-moralischen Auseinandersetzung mit dem Versailler Vertrag gedient. "Später ging es darum, neue Kriegstechniken und die vermeintliche Überlegenheit des deutschen Militärs durch Spiele bekannt zu machen." Spiele wie "Bombenstimmung" oder "Mordslaune" oder das "Würfelkampfspiel" mit dem einprägsamen Namen "Peng" dienten sowohl der Unterhaltung und Ablenkung als auch der Belehrung und Propaganda. Eher harmlos muten noch das Heeres-Nachschubspiel "Die Gulaschkanone" und die Spiele "Achtung: Feind hört mit" beziehungsweise "Flieger-Alarm" an. Im Verlauf des Krieges wurde der Luftkampf zunehmend thematisiert. Dafür stehen Titel wie "Stukas greifen an", "Feindliche Flieger in Sicht" oder "Bomben auf England". In der Perversion des Spiels standen die Alliierten den Nationalsozialisten in nichts nach. Das zeigen Spiele wie "Bomb Berlin", "Target Tokyo" (Ziel Tokio) oder "Get those Japs" (Holt Euch diese Japaner). Beim amerikanischen Geschicklichkeitsspiel "Atomic Bomb" konnten die Spieler sogar durch Schütteln zwei "Atombomben" auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abwerfen und Engländer beim "Hitler Dart Game" die deutsche Armee und den "Führer" mit dem Pfeil abschießen. "Auch der Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland brachte keineswegs das Ende der kriegsbezogenen Spiele", erklärt Museumschef Schwarz. Im "Spiel der Befreiung" vollzogen die Siegermächte das Ende der NS-Diktatur von der Landung der Amerikaner in der Normandie bis zur Einnahme von Berlin nach. Eher der Abrechnung mit den Kriegsverbrechern als der Aufarbeitung des Krieges diente das holländische "Dictatorspel", bei dem man Hitler und Mussolini "um die Ecke bringen" konnte. Trotz aller Propaganda wurden Spiele auch im Zweiten Weltkrieg für Zwecke der Unterhaltung und Ablenkung eingesetzt, wie eigens für die Front produzierte Feldpostspiele wie Dame, Mühle und Halma zeigen. In Zusammenarbeit mit der niederländischen Stiftung "Wist jij dat?" ("Wussten Sie schon?") präsentiert die Ausstellung etwa 200 Brett- und Kartenspiele sowie Puzzles aus der privaten Sammlung Gejus van Diggele. Die Exponate vermitteln beklemmende Eindrücke von der vermeintlich spielerischen Seite des Krieges. Zugleich schärfen sie am historischen Beispiel den Blick für das Gefahrenpotential, das in den Kriegsszenarien und Gewaltspielen des virtuellen Zeitalters schlummert. Zur Ausstellung bietet das KPZ ein Begleitprogramm für die 8. bis 10. Jahrgangsstufe an: "Wehrmacht auf dem Wohnzimmertisch". Die Ausstellung "Bomben-Stimmung - Krieg und Propaganda im Gesellschaftsspiel" ist noch bis zum 18. Februar zu sehen. Bilder zu der Ausstellung findet ihr wie immer in unserer Gallerie.


Quelle:  Spielzeugmuseum Nürnberg

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