Artikel vom 05.03.2006
Autor: Martin Bäumler
Kategorie: Interviews
Umfang: 1 Seiten
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Das Auge spielt mit - Interview mit Spieldesigner Michael Menzel
cliquenabend.de: Erfinder von Spielen sind dafür bekannt, dass sie den ersten Entwurf ihres Spieles, den sie an die Verlage schicken, oftmals in mühsamer Kleinarbeit zusammenbasteln und illustrieren. Sind es diese Entwürfe, die Ihnen als Basis für ihre Arbeit dienen?
Michael Menzel: Ja und nein. Ja, weil die Prototypen wichtig sind um das Spiel an sich zu testen und den Materialumfang anschaulich zu machen. Und nein, weil sie nicht als Grundlage für die grafische Gestaltung dienen (zumindest ist das meine bisherige Erfahrung).
cliquenabend.de: Wie sieht der komplette Prozess zwischen einer Beauftragung und der endgültigen Veröffentlichung eines Spieles für den Designer aus? Arbeiten Sie eng mit dem Spielerfinder zusammen?
Michael Menzel: In der Regel erhalte ich meinen Auftrag von der jeweiligen Spiele-Redaktion, nicht von dem Spieleautor. Das Spiel an sich ist bis dahin fast fertig (kleinere Änderungen sind vielleicht noch zu machen). Manchmal steht noch kein Thema fest, und ich kann mit eigenen Vorschlägen und Ideen die Themenfindung beeinflussen. Meistens ist aber auch das schon passiert, und ich kann mich wenn nötig mit der Recherche zum Thema beschäftigen.
Ich verbringe dann einen halben Tag in der Bücherei und suche mir
kiloweise Material zusammen. Dann fahre ich zum Verlag (vielleicht schon mit ein zwei Ideen und Grobskizzen unterm Arm) und spiele das Spiel zur Probe.
Das ist unerläßlich um das "Spielgefühl" zu erleben und die Spielmechanismen zu beobachten. Am liebsten mache ich dann anschließend Skizzen zu sämtlichen Spielegrafiken (also Cover, Karten, Spielplan), sodass Verlag, Autor und ich in kürzester Zeit in etwa wissen wie das gesammte Spiel aussehen wird oder wo es noch Probleme in der Visualisierung gibt. Diese Skizzen können leicht geändert oder schlicht verworfen werden.
Wenn dieser Schritt getan ist wird je nach Priorität das Cover, der Spielplan, die Spielkarten etc. in Angriff genommen und durchillustriert.
cliquenabend.de: Wie lange benötigt man für die komplette Visualisierung eines Gesellschaftsspieles, von der ersten Idee über die ersten Entwürfe bis zum finalen Design?
Michael Menzel: Jedes Spiel braucht tatsächlich seine eigene Zeit. Die Spanne für ein Brettspiel reicht von 1,5 Monaten (am Stück) bis hin zu über einem Jahr (natürlich mit Unterbrechungen).
cliquenabend.de: Grafiken und Illustrationen sind die wichtigsten Elemente, um die Vision eines Spieles zu transportieren. Auf welche Art und Weise beschäftigen Sie sich mit einem Spiel, um sich inspirieren zu lassen?
Michael Menzel: So wie die Spiele immer wieder anders und neu sind, so ist auch der Ideenfindungsprozeß für die Gestaltung immer wieder neu und folgt keinem festen Schema.
Um diese Unterschiede zu verdeutlichen möchte ich hier zwei Beispiele geben:
1. "Kecke Frösche" (von Peter Neugebauer, Goldsieber) Bei diesem Kartenspiel war es die Hauptaufgabe 12 Kartenmotive zu zeichnen in denen die Frösche möglichst keck und frech-witzig rüberkommen sollten. Der Autor und ich haben uns da gegenseitig inspiriert und ich skizzierte letztlich an die 30 Frosch-Szenen. Von denen suchten wir uns dann die Besten raus.
2. Ganz aktuell ist "Thurn und Taxis" (von Karen und Andreas Seyfarth, Hans im Glück). Hier galt es in der Gestaltung möglichst nah an den historischen Vorgaben zu bleiben. Es ergab sich in diesem Zusammenhang eine ganz glückliche Zusammenarbeit mit dem Leiter des Thurn und Taxis Archivs.
Und der versorgte mich bestens mit Zeichnungen und Texten aus jener Zeit. Mit diesen reichhaltigen Daten (die ich so natürlich in keiner Bücherei gefunden hätte!!!) entstand ein wunderschönes Spiel mit original Kutschen, original Postillionen und einem Spielplan, in dem sogar jede Stadt ihr eigenes Wahrzeichen hat.
cliquenabend.de: Welche Art von Illustrationen bevorzugen Sie persönlich? Eher die sehr realitätsnahen Darstellungen von „Aqua Romana“ oder das cartoonartige von „Tooor!“?
Michael Menzel: Eigentlich mache ich das ja alles gern. Es ist aber wichtig herraus zu finden welcher Stil der geeignetste ist, denn die Illustrationen stehen ja immer im Kontext zu einem Spiel (um das es ja eigentlich geht) und welches möglichst gut durch die Illus unterstützt werden soll. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenstellungen gebe ich also der Abwechslung und der Stilvielfalt den Vorzug und lege mich nicht auf einen Stil fest.
cliquenabend.de: Ein Konsument steht vor einem riesigen Regal voller verschiedener Gesellschaftsspiele. Nachgewiesenermaßen trägt die optische Aufmachung, wenn auch unterbewusst, maßgeblich zur Kaufentscheidung bei. Was macht Ihrer Ansicht nach ein gutes Verpackungsdesign aus?
Michael Menzel: Eine kleine Schachtel sollte auch ein "kleines Cover" haben also nicht zu viele Motive und nicht zu kompliziert. Eine große Schachtel muß eine gute Fernwirkung haben mit einem starken und interessanten Hauptmotiv + gut lesbarem Schriftzug. Ohne von diesem Hauptmotiv abzulenken sollte es zudem viele Details für den zweiten und dritten Blick haben damit der Betrachter was zum Entdecken hat.
Auf diese Wiese belohnt man seine Aufmerksamkeit (Stichwort Augenschmaus). Wenn der Betrachter dann näher ran geht und letztlich die Schachtel in die Hand nimmt um auf der Rückseite Spielinhalt und Spielbeschreibung zu prüfen, hat das Cover seinen Dienst getan.
Das war jetzt die Kurzform. Freilich gibt es da noch vieles mehr zu beachten und es gibt genügend gute Cover bei denen diese Kriterien nicht vorhanden sind und dafür ganz andere Mechanismen zum Erfolg führen.
cliquenabend.de: Können Sie uns etwas über Ihre aktuellen Projekte sagen? Woran arbeiten Sie gerade?
Michael Menzel: Nein, leider nicht. Ich spreche grundsätzlich erst dann über ein Projekt wenn es der entsprechende Verlag bereits vorher getan hat. Sorry.
cliquenabend.de: Die optische Aufmachung von Gesellschaftsspielen ist in den letzten Jahren immer besser geworden. Einige davon sind zweifellos sehr kreative Kunstwerke. Welches Gesellschaftsspiel hat Sie zuletzt optisch sehr angesprochen?
Michael Menzel: "Celtica" illustriert von Eckhardt Freytag und "Blue Moon City" von Franz Vohwinkel. Bei den Kinderspielen finde ich besonders die Arbeiten von Oliver Freundenreich sehr gut.
cliquenabend.de: Wie häufig und in welchen Kreisen spielen Sie Gesellschaftsspiele und welche Bedeutung messen Sie persönlich ihnen bei?
Michael Menzel: Ich spiele meistens in der Familie, bin aber kein Vielspieler. Durch meinen Beruf beschäftige ich mich allerdings täglich mit dem Thema Spielen und deshalb ist deren Bedeutung für mich natürlich enorm groß.
cliquenabend.de: Welches Spiel haben Sie als letztes gespielt?
Michael Menzel: Thurn und Taxis, und mein 7 jähriger Sohn hat mich mit 25 zu 15 Punken geschlagen.
cliquenabend.de: Wie war ihr persönlicher Eindruck der Spielwarenmesse 2006 in Nürnberg?
Michael Menzel: Viele mittlerweile vertraute Gesichter habe ich dort wieder gesehen, und sowas ist ja immer schön. Die Messe selbst empfinde ich hingegen als ziemlich trocken.
Da mag ich die "Spiel" in Essen doch wesentlich lieber. Vielleicht weil man dort die Spieler sieht und ihre Begeisterung für die gut gemachten und schön gestalteten Spiele spüren kann. Und das ist pure Motivation!
cliquenabend.de: Wir bedanken uns für dieses Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Glück und gute Ideen für ihre Arbeit.
Das Interview führte Martin Bäumler für cliquenabend.de.
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