4. Fakt des Monats: Die Geschichte der Spielkarten Teil 2
(01. Dezember 2006)
Tarocco
Tarocco ist ein italienisches Kartenspiel welches 1420 entstand. Die italienischen Kartenhersteller behielten hierfür die Königin, den König, den Ritter und den Diener um dieses neue Kartenspiel zu entwerfen. Des Weiteren wurde ein Joker (der Narr) sowie 21 spezial Karten mit mystischen Symbolen die als Trümpfe dienten (damalige Bedeutung der Trümpfe war Triumphe) hinzugefügt. Unter den Florentinern wurden die Trümpfe im Laufe der Zeit noch erweitert, so dass Tarocco am Ende genau 97 verschiedene Trumpfkarten zählte. Das Spiel breitete sich nördlich aus und wurde von französischsprachigen Spielern Tarot und von deutschsprachigen Spielern Tarock getauft.
In Deutschland, Österreich und Ungarn zeigten die Trumpfkarten verschiedenste Illustrationsvariationen von neuen Szenen und Themen. Das Trumpfkonzept wurde dadurch sehr beliebt und allen Völkern nahmen diese neue Idee in ihre bestehenden Kartensysteme auf. Bildkarten stellten nun nicht mehr zwangsläufig die höchsten Karten dar. Damals wurden die Tarotkarten noch nicht von den uns heute bekannten und damals modernen Sehern benutzt. Erst im Jahre 1780 als die französischen Gebildeten die alten italienischen Symbole als Hieroglyphen aus Ägypten interpretierten, die als bekannte Quelle für westliche Magie und okkulte Philosophie galten, begannen die Seher diese Karten als Hilfe für die Zukunftsvoraussage zu benutzen. Seit dieser Zeit werden Tarot Kartenspiele für Prohphezeihungen hergestellt, verkauft und beworben. Dabei wissen nur noch die wenigsten, dass diese Karten ursprünglich für verbreitete Kartenspiele benutzt wurden. Dabei gibt es sogar noch heute hier und da ein paar Menschen die sich erkundigt haben und das klassische Tarot gerne spielen. Das folgende Bild zeigt Tarot Weissagunskarten von Etteila aus dem Jahre 1798 in Paris.
Französische Karten
Die noch heute geläufigsten Farbsymbole Pik, Herz, Kreuz und Karo wurden von französischen Kartenherstellern erdacht. Damals nannten die Franzosen sie noch Lanzenspitze, Herz, Kleeblatt und Viereck. Eine große Ähnlichkeit der erste drei Symbole (Pik, Herz, Kreuz) mit den deutschen (Blatt, Herz, Schellen) ist unverkennbar und man geht davon aus, dass die Franzosen diese Symbole als Vorbild nahmen. Die ersten europäischen Karten, wurden wie auch die Mamluke Kartenspiele handbemalt und waren somit nur für den Adeltum reserviert, denn nur dieser konnte es sich leisten spezielle Graphiker und Handwerker zu diesem Zweck einzustellen. Überlebende Beispiele dieser Karten sind von großzügiger Größe und aufwendig mit sehr feinen Farben auf Gold, Silber oder Blumenflechtwerk handgezeichnet. Die volkstümliche Nachfrage nach Spielkarten wurde riesig und führte schlussendlich zu einer Massenproduktion welche die neue Technik des Holzschnittes verwendete. Dabei wurden die Muster von ganzen Kartenspielen gemalt und danach in Holzblöcke geschnitzt. Diese Blöcke wurden mit Farbe bemalt und auf Papier gedruckt, welches dann ausgeschnitten und auf einen dicken Karton geklebt wurde. Holzgeschnittene Kartenmuster wurden mit ihren Farbsymbolen sorgfältig mit Schatten und viel liebe zum Detail erstellt.
Durch die neugestalteten Kartensymbole der Franzosen im 15. Jahrhundert wurde die Kartenfabrikation bedeutend vereinfacht. Pik, Herz, Kreuz und Karo, wurden als flache Silhouetten in den zwei Einheitsfarben Schwarz oder rot gefertigt. Somit benötigte man für die Produktion keine handgefertigten Holzblöcke mehr, sondern konnte auf die schnellere und billigere Variante der gewöhnlichen Schablonen zurückgreifen. Durch diese Methode erreichten die Franzosen eine viel höhere Leistungsfähigkeit und sie hatten einen immensen Vorteil gegen allen anderen Kartenherstellern. Ein angesehenes Kartendruckzentrum der damaligen Zeit war Rouen in Frankreich, welches seine Ware bis nach England improtierte.Von dort kamen die Karten etappenweise mit dem selben Design zu den amerikanischen Kolonien und wurden von der ganzen USA und auch der restlichen Welt benutzt. Das folgende Bild zeigt französische Karten des späten 15. Jahrhunderts.
Die französische Revolution
Am Anfang waren französische Karten mit dem ganzen Körper der Figuren von besonderen Helden und Heldinnen aus der Bibel, Geschichte und Fabeln bemalt. Als dann aber die französische Revolution die Monarchie stürzte, wurden Könige und Königinnen sofort von den Spielkarten verbannt. Das alte Design der Bildkarten wurde von den Kartenherstellern allerdings nicht zerstört. Die Hersteller entfernten lediglich die Kronen von den Kartenfiguren und beschrifteten sie statt dessen mit demokratischen Metaphern wie "Freiheit", "Gleichheit" und "Brüderlichkeit".
Als die Franosen später Napoleon als Kaiser akzeptierten kam das Königtum wieder in Mode und Könige und Königinnen wurden wieder auf Spielkarten dargestellt. Napoleon billigte das mittelalterlichen Aussehen der traditionellen Karten allerdings nicht. Er war der Meinung, dass die Könige der Karten archäologisch korrekt dargestellt werden sollten. Dementsprechend beauftragte er den zu seiner Zeit sehr prominenten Künstler J.L. David die Karten zu korrigieren. Die Könige erhielten authentische Kostüme sowie historisch angemessene Kampfgefährten mit den Königinnen und Buben. Die Kartenspieler lehnte diese Neuerungen jedoch ab. Sie wollten den Bildkartenstandard der letzten Jahrhunderte nicht einfach ablegen. Napoleon gab nach einigen Diskussionen nach und erlaubte wieder die Produktion der altmodischen Spielfiguren. Einige neuartige Kartenspiele sind den Historikern bekannt, aber die normalen Kartenspieler bevorzugten weiterhin lieber ihre vertrauten Bildkarten. Das folgende Bild zeigt die französischen Königsbildkarten 1500 n.Chr. des Kartenherstellers Merlin.
Kartenindex
Nach 1860 kamen die Europäer und Amerikaner darin überein Kartenindexe zu verwenden. Diese Markierungen auf der Bildseite der Karten, die für uns heutzutage ein Standard sind, weisen den Wert der Karte aus.
Frühe Indexe beinhalteten:
• Verdreifachung, wenn das Standard Kartenbild Miniaturbilder in den beiden Ecken trug
• Kantenindexe , wenn arabische Ziffern und Farbsymbole die Ecke einer Karte säumen
• Arabische Ziffern in den Farbsymbolen
• Große arabische Ziffern die die Bildseite beherrschen
Als beliebtesten Indexe bewährten sich die kleinen Markierungen in diagonal gegenüberliegenden Ecken oder die weniger verwendete Methode in allen vier Ecken. Hier seht ihr eine verdreifachte Karte aus dem Jahre 1875 von Andrew Dogherty aus New York.
Andere Verbesserungen
Andere Verbesserungen beinhalten die Umkehrbarkeit der (zweifach endenden / zweiköpfigen) Figuren, runde Ecken und veredelte Herstellungsverfahren. Diese Verbesserungsideen traten zu unterschiedichen Zeiten in Europa auf, wurden aber nicht kontinuierlich und gleichzeitig entwickelt oder eingeführt. Die Amerikaner erkannten die Vorteile dieser neuen Verbesserungen und setzten sie im ganzen Land um. Während dieser Entwicklungsphase erblickte eine neue Karte die Spielewelt – Der Joker. Weitgehend wird davon ausgegangen, dass der Joker aus dem (Fool) Trottel, einem Trumpf (im englischen "wild card") im Tarotspiel, entstand. Gegen diese Theorie spricht allerdings der Fakt, dass der Joker in der USA auftauchte bevor das Tarotspiel nach Amerika kam. Das folgende Bild zeigt zweiköfpige Karten von Russell & Morgan aus dem Jahre 1885 aus Cincinnatti.
Nun sind wir fast bei dem Ende der Kartengeschichte angelangt. Im nächsten Fakt des Monats werden wir noch den Joker, dessen Entwicklung und die Personen hinter den Bildkarten betrachten.
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