Artikel vom 12.09.2007
Autor: Kevin Jensen & Andreas Buhlmann
Kategorie: Interviews
Umfang: 1 Seiten
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Interview mit Wolfgang Kramer zu den Herbstneuheiten
Wir haben uns mit Wolfgang Kramer zu seinen kommenden Herbstneuheiten unterhalten. Mehr zu den Spätjahreserscheinungen: Verflixxt hoch², El Capitan und Auf Achse erfahrt ihr im Interview.
cliquenabend.de: Hallo Herr Kramer, schön sich wieder mit Ihnen unterhalten zu dürfen. Dies ist nun das dritte Interview und passend dazu kommen in diesem Herbst auch drei Spiele von Ihnen auf den Markt. Wie lässt sich denn die gleichzeitige Entwicklung von mehreren Spielen bewerkstelligen?
Wolfgang Kramer: Ich arbeite an etwa 10 Spielen „gleichzeitig“! Dies ist kein Problem, da die Spiele unterschiedliche Entwicklungsstände haben. Bei einem Spiel bin ich ganz am Anfang der Entwicklung. Bei mehreren anderen Spielen bin ich in der Testphase. Da ich hier von der Zeit der Testpersonen abhängig bin, ergeben sich immer wieder mehr oder weniger lange Zeitphasen, in denen ich an dem Spiel, das am Beginn seiner Entwicklung steht, weiterarbeiten kann. Mehrere Spiele sind bei den Verlagen zur Erprobung, bzw. zur Realisierung. Hier kommt es zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Verlag. Deshalb haben diese Spiele die Priorität 1. Priorität 2 haben die Spiele in der Testphase und Priorität 3 hat das Spiel in der Entwicklung.
cliquenabend.de: Wie kam es zur Neuauflage von Auf Achse dem Spiel des Jahres 1987 und können Sie unseren Lesern, die das Spiel noch nicht kennen, ein wenig mehr darüber erzählen?
Wolfgang Kramer: Eine Neuauflage von Auf Achse war schon seit längerer Zeit geplant. Zwei neue Verlage waren an dem Spiel interessiert. Da der Ravensburger Spieleverlag einen Optionsvertrag mit mir abgeschlossen hatte, musste ich warten, bis Ravensburger sich definitiv entschieden hat, ob sie das Spiel selbst nochmals verlegen oder freigeben. Diese Entscheidung fiel erst im Herbst letzten Jahres.
Auf Achse ist ein Logistikspiel. Jeder Spieler stellt ein Transportunternehmen dar, das zwischen Flensburg und Verona und Triest und Rotterdam tätig ist. Der Wettbewerb der Spediteure erfordert ausgeklügelte Routenplanung, spannungsgeladene Preiskämpfe und optimale Ausnutzung der LKW-Frachträume. Immer wieder treten neue Ereignisse auf, die den Fahrern das Leben erschweren oder auch erleichtern können. Vorausschauende Planung und – wie so oft im Leben – eine Portion Glück bringen den erhofften Vorsprung.
Spielziel ist, durch geschickte Routenplanung, Preiskämpfe und optimale Ausnutzung des Laderaumes, mit den abgewickelten Transportaufträgen möglichst hohe Einnahmen zu erzielen.
cliquenabend.de: Wie kamen sie damals auf das Thema des Fernfahrers?
Wolfgang Kramer: Als Kind habe ich immer gern mit Autos gespielt, hauptsächlich mit Lastwagen. Da konnte man in eine eigene Welt abtauchen, ein- und ausladen und Waren transportieren. Nachdem es am Markt kein Transportspiel gab, war der Entschluss, ein Speditionsspiel zu entwickeln, schnell gefasst.
Als ich das Spiel nahezu fertig entwickelt hatte, fragte mich der ASS Verlag, ob ich bereit wäre, für die Firma Rhenania ein Transportspiel zu entwickeln. So kam es, dass das Spiel zuerst „Das große Logistik-Spiel“ hieß und im Herbst 1982 als Werbespiel verlegt wurde.
cliquenabend.de: Ein paar kleine Änderungen wurden von Ihnen vorgenommen, um den Spielverlauf flüssiger zu gestalten. Ist es denn generell so, dass man an seinen vor Jahren entwickelten Spielen im Nachhinein einige Änderung vornehmen würde? (Spielmechaniken, Grafiken, Materialien)
Wolfgang Kramer: Ich behaupte, dass es nur ganz wenige Spiele gibt, die man nicht verbessern kann. Dazu zählen die meisten Klassiker, wie z.B. Schach. Aber auch dieses Spiel ist über viele Jahre weiterentwickelt worden und wer vermag schon zu sagen, dass es jetzt seine endgültige Form erreicht hat.
Hinzu kommt, dass ein Verlag, der eine Neuauflage plant, gerne einen zusätzlichen Kaufanreiz schaffen möchte. Dies können Verbesserungen oder Erweiterungen oder interessante Varianten sein.
Einige der Änderungen, die bei Auf Achse vorgenommen wurden, sind auch auf Ideen und Anregungen von Thorsten Gimmler zurückzuführen, mit dem ich sehr gerne zusammengearbeitet habe.
cliquenabend.de: 2005 kam ihr Spiel Verflixxt auf den Markt, 2006 Verlixxt nochmal! nun kommt Verflixxt hoch². Was birgt die Erweiterung für die Fans?
Wolfgang Kramer: Die Erweiterung enthält:
• 60 Bewegungskarten (statt Würfel)
• 8 Risikotafeln (bei einer ungeraden Anzahl sind es Minuspunkte, bei einer geraden Anzahl Pluspunkte)
• 8 Zielchips (für die Spieler, die das Zielfeld genau treffen)
• 1 grüner Glückshut
• 1 rote Pechmütze
Die Bewegungskarten statt Würfel eröffnen verflixxt taktische Möglichkeiten. Jetzt geht es nicht nur vorwärts dem Ziel entgegen, sondern auch rückwärts und das teilweise sogar mit Doppelzügen. Die Jagd nach Glückshut und Pechmütze bringt Trubel und Tempo ins Spiel und die gemein-gefährlichen Risikotafeln garantieren Nervenkitzel bis zum Schluss! Das Erfolgsspiel wird noch überraschender, risikoreicher, spannender, lebendiger und abwechslungsreicher.
Die Testergebnisse von Verflixxt hoch²! waren so gut, dass ich die Behauptung wage, Verflixxt hoch²! ist das beste Verflixxt-Spiel, das es je gab. Nicht nur den Gelegenheitsspielern sondern auch den Spielefreaks hat das Spiel in der neuen Form ausgezeichnet gefallen.
Jedes Spielelement der beiden Erweiterungen stellt je ein Modul dar. Deshalb ist es möglich, die einzelnen Module beliebig miteinander zu kombinieren. So kann sich jeder das Spiel zusammenstellen, das ihm am besten gefällt.
cliquenabend.de: 2005, 2006 nun 2007, birgt 2008 auch wieder eine neue Erweiterung oder ist das Spielsystem von Verflixxt langsam ausgeschöpft?
Wolfgang Kramer: Das Spielsystem von Verflixxt ist nahezu beliebig erweiterbar. Zu den Wegetafeln des Grundspiels haben wir in der ersten Erweiterung die „Verflixxt-Tafel“ und jetzt in der zweiten Erweiterung die „Risikotafel“ hinzugefügt. Dies sind zwei neue Wegetafeln. Wir haben aber knapp 30 neue Wegetafeln getestet, von denen weit mehr als die Hälfte positiv beurteilt wurden. Darüber hinaus haben wir zehn weitere Spielelemente – wie z.B. Flixxy oder jetzt die Hüte – getestet, die in Tests ebenfalls positiv abgeschnitten haben. Es gibt also genügend Material für weitere Erweiterungen.
Dennoch geht meine Tendenz dahin, keine weitere Erweiterung zu bringen.
Bei einfachen Spielen sind Erweiterungen viel problematischer einzuschätzen als bei komplexen Spielen. Dies liegt daran, dass Erweiterungen eines einfachen Spiels den Charakter des gesamten Spiels verändern, so dass aus einem einfachen Spiel plötzlich ein komplexes Spiel wird und damit die Zielgruppe überfordert.
Dies dürfte der Grund sein, warum es bis jetzt von einfachen Spielen keine Erweiterungen gibt – zumindest kenne ich kein einfaches Spiel mit einer Erweiterung. So gesehen, haben wir mit den Erweiterungen von Verflixxt Neuland betreten.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass wir ein komplett neues Spiel entwickeln, das den Grundmechanismus von „Verflixxt!“ verwendet. Dies ist bis jetzt aber nur eine Idee.
cliquenabend.de: Bei El Capitan handelt es sich auch um eine Neuauflage von 1998 (Tycoon). Was hat sich im Wesentlichen geändert?
Wolfgang Kramer: El Capitan hat ein neues Thema und neue, wunderschöne Illustrationen. Die Regeln haben wir in 14 Punkten geändert. Es können jetzt 2-5 Spieler mitspielen (statt 2-4). Wir haben dem Spiel drei zusätzliche Städtetafeln hinzugefügt, die neue Strategien ermöglichen und so manche Überraschung bieten. Die Verbreitung wurde deutlich stärker gewichtet. Für das Spiel zu zweit haben wir zusätzliche Regeln hinzugefügt, die das Zweierspiel wesentlich interessanter gestalten.
Auf meiner Website (www.Kramer-Spiele.de) in der Rubrik Neuerscheinungen habe ich bei El Capitan alle 14 Regeländerunderungen aufgeführt.
cliquenabend.de: Gleich zwei Neuauflagen aus Ihrem Repertoire, wie kommt es dazu?
Wolfgang Kramer: Es ist auffallend, dass es zurzeit sehr viele Neuauflagen alter, bekannter Spiele gibt.
Im Jahr 2007 werden fünf Spiele von mir neu aufgelegt.
• Die Fürsten von Florenz (QWG/Pro Ludo, früher Alea/RAV)
• Origo (Parker), früher Captain Future (ASS) / Wildlife (Clementoni)
• Der Markt von Alturien (Pro Ludo), früher City (Jumbo)
• Auf Achse (Schmidt, früher FXS/RAV)
• El Capitan (QWG/Pro Ludo), früher Tyccon (Jumbo)
In absehbarer Zeit kommen sehr wahrscheinlich noch zwei weitere hinzu:
• Altura (Pro Ludo), früher Big Boss (Kosmos)
• Die Händler
Diese Vielzahl ist auch für mich erstaunlich, da ich meine älteren Spiele weder anbiete noch deren Neuauflage forciere. Die Verlage kommen auf mich zu und fragen entweder ganz gezielt nach der Rechtslage eines bestimmten Spiels oder ganz allgemein, ob ich ein älteres Spiel anbieten könnte.
Warum dies in letzter Zeit gehäuft auftritt, liegt sicherlich daran, dass in den letzten Jahren viele kleine Verlage vor allem im Ausland gegründet wurden. Für diese Verlage ist es viel einfacher und vor allem auch mit weniger Risiken behaftet, ein gutes, altes Spiel neu aufzulegen, als ein komplett neu entwickeltes Spiel zu verlegen. Auf meiner Website (www.Kramer-Spiele.de) in der Rubrik Neuerscheinungen habe ich unter Neuauflagen ausführlich Stellung genommen, warum Neuauflagen zweckmäßig sind.
cliquenabend.de: Gibt es noch etwas, das Sie unseren Lesern mitteilen möchten?
Wolfgang Kramer: Vielleicht ist es aufgefallen, dass ich in den letzten Jahren vermehrt einfache Spiele entwickelt habe:
• Tanz der Hornochsen (Amigo, 2004)
• Verflixxt! (Ravensburger, 2005)
• Celtica (Ravensburger, 2006)
• Trapper (Clementoni, 2007)
• Der Markt von Alturien (Pro Ludo, 2007)
• Europareise (Ravensburger, 2007)
Die Gründe dafür liegen vor allem darin, dass ich mit diesen Spielen versuchen möchte, das Spiel zu den Menschen zu bringen, die selten oder gar nicht spielen. Diese Menschen für das Spiel zu gewinnen und zu begeistern, kann nur mit einfachen Spielen gelingen.
Ich spiele häufig mit Menschen dieser Zielgruppe und muss dabei immer wieder feststellen, dass selbst so einfache Spiele wie Verflixxt erst nach mehrmaligem Spielen verstanden werden.
Ich möchte alle auffordern, die ebenfalls ein Interesse daran haben, das Spiel zu den Menschen zu bringen, öfters mit Leuten zu spielen, die selten oder gar nicht spielen.
Das Interview wurde geführt von Kevin Jensen & Andreas Buhlmann für cliquenabend.de
Vielen Dank an Wolfgang Kramer für die freundliche Unterstützung.
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