Artikel vom 01.12.2009
Autor: Smuker
Kategorie: Sonstiges
Umfang: 1 Seiten
Die Moorbauern Adventskalender mit Uwe Rosenberg
Wir haben uns mit Uwe Rosenberg kurzgeschlossen und einen spannenden Adventskalender zur Entstehungsgeschichte von der aktuellen Erweiterung Agricola - Die Moorbauern organisiert. Nach dem Motto: Jeden Tag ein Türchen wird dieser Artikel täglich ergänzt. Wir wünschen viel Spaß!
Inhaltsverzeichnis
01 - Was muss eine Erweiterung leisten?
02 - Viele neue Kartendecks
03 - Die Anfänge der ersten echten Erweiterung
04 - Zu viele Aktionsmöglichkeiten verhindern
05 - Pferde als neue Tierart
06 - Die großen Torf-Anschaffungen
07 - Die Suche nach großen Anschaffungen für die Handwerksgebäude
08 - Das Moormuseum
09 - Ostfriesland und das Moor
10 - Abstecher zur Eisen-Erweiterung der Torf-Erweiterung
11 - Isolierung der Wohnstätte nach der ersten Torfprobe
12 - Die Sonderaktionskarten
13 - Die zwei bis drei Aufbaustufen der Moorbauern-Erweiterung
14 - Zwei Varianten
15 - Vier Experimente
16 - Die Entstehungszeit der Moorbauern-Erweiterung
17 - Einteilung der kleinen Anschaffungen
18 - Der Abschluss
19 - NRW-Tournee 2009
20 - Die Soloregeln
21 - Das I-Deck für die Moorbauern
22 - Die Moorbauern auf der Spielemesse 2009
23 - Der Vormarsch der Worker-Placement-Spiele
24 - Ausblick
1. Dezember - Was muss eine Erweiterung leisten?
Mit meinem „Bohnanza“ (Amigo, 1997) war ich an einer der ersten Spielefamilien beteiligt, die es in Deutschland gegeben hat. Die Bohnanza-Familie ist in satirischer Nachahmung der Siedler-Familie entstanden („Die Siedler von Catan“, Kosmos, 1995, Klaus Teuber).
Jedes Ergänzungsspiel sollte das Grundspiel stärken. Das Grundspiel sollte dabei immer im Vordergrund stehen. Heute wird jeder „Spiel des Jahres“-Titel als Sprungbrett für eine mögliche Familie gesehen. Und jedes Mitglied einer Familie wird als eigener wirtschaftlicher Faktor gesehen. Wer keine Folgeprodukte anbietet, so heißt es, der verschenkt Geld. Ob die Spielidee des Grundspiels überhaupt Folgeprodukte hergibt, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Der Handel sagt, dass neue Spielideen den Kunden schlecht zu vermitteln sind.
Dieser Bericht handelt vom Frühjahr 2009. In diesem Frühjahr sind drei Spiele von mir erschienen. Mein „Mamma Mia Plus“, aufbauend auf „Mamma Mia“ (Abacus, 1999) war eine Auftragsarbeit. Zeitgleich sind bei anderen Verlagen mein „Frauen und Männer“ (Kosmos, 2005) als Reiseedition sowie „Wendy’s Pferdebazar“ (Amigo) erschienen. „Wendy’s Pferdebazar“ ist „Bohnanza“ in einer anderen Verpackung für eine andere Zielgruppe. Gänzlich neue Spiele gab es von mir im Frühjahr 2009 nicht.
In dieser Zeit stellten Hanno Girke, Klemens Franz und ich die erste Agricola-Erweiterung fertig. Gemeinhin gibt es keine Festlegung, was eine Spielerweiterung leisten muss. Es ist schwer, die Qualität einer Erweiterung zu bemessen. Bereitet eine Spielerweiterung nur deshalb Spaß, weil auch das Grundspiel Spaß macht, oder verschafft sie auch ein neues Spielgefühl? Ein vollständig neues Spielgefühl wird auf der anderen Seite auch nicht gewünscht. Das Grundspiel soll erkennbar bleiben, heißt es.
Bevor ich mich in den nächsten Kapiteln über die Entstehung der ersten Agricola-Erweiterung auslasse, möchte ich meine persönlichen Kriterien für eine Erweiterung auflisten, an denen zu ermessen sein soll, ob sie „gut“ ist.
a) Die Grundspielregeln sollen in der Erweiterung bis auf Nuancen erhalten bleiben. Der Vorteil besteht darin, dass, wer das Grundspiel kennt, nur wenig dazulernen muss, um in eine tiefgründige Spielewelt vordringen zu können.
b) Das Erzähluniversum soll ausgeweitet werden. Die fantasiefreudigen Spieler sollen in die erzählte Geschichte noch tiefer eintauchen können.
c) Wenn die Erweiterung nicht gerade darauf beschränkt ist, zusätzliches Spielmaterial zu liefern, damit mehr Personen mitspielen können (dies hat durchaus seine Berechtigung), sollte sie auch einen neuen Spielmotor enthalten. Es geht darum, erlernte Strategien auf neue Begebenheiten anzuwenden. Wenn dies mit einem neuen Spielgefühl einhergeht (Strategie, Taktik, Glück, Geschwindigkeit, Geschicklichkeit bilden eine grobe Einteilung), ist dies umso besser. Auch dürfen neue Zielgruppen angesprochen werden (Kinder, Familie, Partyspieler, Vielspieler, Freaks).
d) Wie beim Grundspiel muss das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. Und zur Leistung zählt dabei nicht nur das Material, sondern auch - und das möchte ich betonen -, dass jede Erweiterung gründlich getestet werden sollte. Es gibt Spielerweiterungen, die erwecken katapultartig den Anschein, überhaupt gar nicht getestet worden zu sein.
Uwe Rosenberg
2. Dezember - Viele neue Kartendecks:
Bis November 2008 hatte ich Ideen für Erweiterungen zu „Agricola“ gesammelt, aber noch keine Idee konkret umgesetzt. In den Kapiteln 53 bis 55 meines Agricola-Berichts, der hier ebenfalls auf Cliquenabend.de veröffentlicht worden ist, bin ich darauf eingegangen. Die Überschriften lauteten „Erste Pläne für eine Erweiterung“, „Agricola - Die zweite Generation“ und „Brennwerte und Geländeformen“. Der Hauptgrund für dieses groß angelegte Brainstorming bestand darin, dass ich zunächst noch keine Erweiterung erschaffen wollte. Ich wollte erst einmal eine Reihe von neuen Ausbildungskarten und kleinen Anschaffungskarten haben, die auch ohne jede Erweiterung spielbar sein sollen. Lange Zeit hatte ich einfach nur diese Karten getestet. Auf Zugfahrten hatte ich mir immer neue Karten ausgedacht und mir für Korrekturen Zeit genommen. Später sollten die Karten auf verschiedene Erweiterungen „losgelassen werden“. Nur die Karten, die am besten zu einer Erweiterung passen, sollten auch in das Spiel Einzug halten. Die anderen Karten sollen in Reserve bleiben.
Dieser Ansatz bot den Vorteil, dass die in einer Erweiterung enthaltenen Karten gut mit, aber auch ohne Erweiterung spielbar wären. Was ich damals nicht bedacht hatte, war die Tatsache, dass ein solches Vorgehen ein Produkt schwammig macht. Somit sieht es heute eher danach so aus, als würden wir (Hanno, Klemens und ich) die universell einsetzbaren Ausbildungen und kleinen Anschaffungen nach und nach in kleinen Kartenspielschachteln anbieten. Auf verschiedene Decks aufgeteilt habe ich sie bereits. Die Decks heißen Wortwitz, Niederlande, Wirtschaft, Handwerker, Zuarbeiter, Moderne und Moorbauern-Ergänzung. Sie befinden sich derzeit bei verschiedenen Agricola-Freunden im Test und sollen am Ende je 120 Karten umfassen. Ein weiteres Deck entsteht gerade in den USA: das Geek-Deck. Verschiedene Agricola-Fans haben sich in einem Agricola-Forum insgesamt über 400 Karten ausgedacht und testen die besten Karten so ausführlich, dass ich mich darauf freue, mir diese Karten bald lesen und veröffentlichen zu dürfen. Noch bin ich selber kreativ und möchte ich mich von den Ideen nicht beeinflussen lassen. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle an Chris Deotte, der das Projekt leitet (zu Chris siehe auch Kapitel 46 meines Agricola-Werkstatt-Berichts). Der Link zum Forum: http://banach.ucsd.edu/Agricola/Board1/Agricola.html und auf dieser Seite „News“ anklicken. In Planung sind neben den beschriebenen Decks die Themen Frankreich, Eisen, große Schrift und iPhone (falls „Agricola“ auf iPhone erscheint).
Als erste echte Agricola-Erweiterung stellte ich 2009 „Die Moorbauern“ bzw. „Torf“, wie ich es damals nannte, fertig. Die beschriebenen Standardkarten liefen in dieser Zeit nebenher. Auf dem Foto seht ihr meinen Erntestand auf der Spielemesse in Essen 2009, wo ich „Die Moorbauern“ gemeinsam mit „Vor den Toren von Loyang“ vorgestellt habe.
Uwe Rosenberg Stand vom Eingang der Halle
3. Dezember - Die Anfänge der ersten echten Erweiterung:
Die englische Sprache kennt „4 Letter Words“, eine kleine Sammlung von Schimpfwörtern, die besonders leicht von den Lippen gehen. Meine ersten Ergänzungszyklen für „Agricola“ nannte ich „Torf“, Wein“ und „Berg“. Dass Hanno und Klemens mir diese Titel nicht durchgehen lassen würden, war mir klar, auch wenn die Bezeichnungen mit Schimpfwörtern nichts zu tun haben. Sie gingen mir in einer Zeit, in der ich fast jeden Tag davon geredet habe, schön einfach von den Lippen: „Wollen wir Torf testen?“ Als echter Ostfriese haushaltet man mit seinen Worten. Man weiß nie, wie viele man beim Teetrinken noch braucht.
Den Anfang nahm die Torf-Erweiterung in einem Gespräch mit Hagen Dorgathen (siehe Kapitel 55 in meinem Agricola-Werkstattbericht). Auf einer Autofahrt ins heimatliche Ostfriesland dachte ich konkret über die Geländeformen nach. Was im Gespräch mit Hagen (ihr erkennt ihn unschwer auf dem Foto) ein ganz neuer Hofplan mit fest angelegten Wald-, Moor- und Geröllfeldern werden sollte, wurden während dieser Fahrt Wald- und Moorplättchen, die auf die bestehenden Hofplanfelder gelegt werden. Auf neuen Aktionsfeldern - so mein damaliger Gedanke - sollte Holz gefällt und Torf gestochen werden. Beim Brandroden sollten die Waldplättchen durch Ackerplättchen ausgetauscht werden. Durch Holzfällen und Torfstechen sollten die Plättchen vom Hoffeld entfernt werden. Holzfällen sollte 2 Holz, Torfstechen 3 Brennwerte (abgekürzt BW) einbringen. Die Nähe der Begriffe „Nährwert“ und „Brennwert“ gefiel mir an Hagens und meinem ursprünglichen Spielentwurf besonders gut. Je 1 BW sollten die Spieler in der Ernährungsphase ihrer Erntezeit pro Raum aufbringen müssen. Diesen Ansatz behielt ich bei. So wie Getreide und Gemüse im Grundspiel jederzeit in je 1 NW umgewandelt werden können, soll Holz jederzeit gegen 1 BW getauscht werden dürfen.
Mit diesem Rohentwurf im Kopf kam ich am Ende meiner Autofahrt bei meinen Eltern in Aurich an. „Uwe, du siehst aus, als hättest du sehr viel Stau gehabt.“ „Nein“, antwortete ich. Und setzte mich. Ich wusste ja nicht, wie viele Worte ich am gleichen Abend noch brauchen würde.
Hagen auf der Messe
4. Dezember - Zu viele Aktionsmöglichkeiten verhindern:
Torf stechen, Brandroden, Holz fällen. Es sollte also neue Aktionsmöglichkeiten geben. Im Vergleich zum Grundspiel bedeuteten zusätzliche Aktionsmöglichkeiten einen nachlassenden Druck für die Spieler, gute Aktionsfelder zu finden. Dies hätte den Spielreiz beeinträchtigt. Ich dachte über einen Wanderarbeiter nach. Der Wanderarbeiter sollte ein zusätzlicher Personenstein sein, der Runde für Runde von einem Spieler zum nächsten wandert. Diesen Ansatz behalte ich für eine zukünftige Erweiterung im Kopf.
Als Alternative zum Wanderarbeiter dachte ich über kleine Aktionen nach, für die kein Personenstein eingesetzt werden muss. Der Spieler soll, wenn er darauf verzichtet, früh einen Personenstein zu nutzen, für eine zusätzliche Aktion in der laufenden Runde tauschen. Er verzichtet also auf die besten Personenaktionen und erhält dafür eine zusätzliche kleine Aktion.
Diese zweite Idee schien mir die reizvollere zu sein. Sie hielt gleich mit dem ersten Entwurf Einzug in das Spiel. Zunächst gab es eine einzige Aktionskarte mit genau zwei Seiten. Erst sollte die Vorderseite genutzt werden, danach die Rückseite. Statt, dass ein Personenstein eingesetzt wurde, sollte die Karte umgedreht werden. Die umgedrehte Karte zeigt an, dass die Vorderseitenaktion bis zum Ende der Runde nicht mehr genutzt werden kann.
Aus dieser Idee wurden für das Dreipersonenspiel rasch zwei Karten „Nebenaktion“, die die Spieler zu sich nehmen und am Ende der Runde wieder abgeben sollten. Während der ersten Testpartie tat sich ein wunderbares Wechselspiel auf. Für 2 NW, die in den allgemeinen Vorrat abgeben werden, sollte man von einem Mitspieler eine Nebenaktion nehmen können, aber nur solange man noch mindestens einen Personenstein zur Verfügung hat. (Diese Bedingung bewirkt, dass niemand überflüssig gefragt werden muss, ob er noch eine Nebenaktion machen möchte, obwohl er eigentlich gar nicht mehr an die Reihe kommt.) Anfänglich konnte die Nebenaktionskarte Mitspielern noch beliebig entrissen werden, die Funktion einiger kleiner Anschaffungen, die ich mir neu ausgedacht hatte, bewirkte aber, dass die Nebenaktionskarten später (allerdings auch noch im Jahr 2008) nur ein einziges Mal weitergereicht werden durften.
Anfänglich gab es auch die überflüssige Regel, dass man den Mitspielern Nebenaktionskarten erst wegnehmen durfte, nachdem alle Nebenaktionskarten vergeben waren.
Aus den Nebenaktionskarten wurden Sonderaktionskarten. Das Konzept bewährte sich. Ich halte es für das Kernstück der Moorbauern-Erweiterung: Der Spieler steht vor dem ständigen Konflikt, eine gute Hauptaktion oder eine weniger gute (aber dafür zusätzliche) Sonderaktion durchzuführen. Er bezieht viel häufiger als im Grundspiel sämtliche Aktionsmöglichkeiten in seine Entscheidung mit ein. Sieht er nämlich noch genügend gute Alternativen für sich, gönnt er sich eher schon einmal eine Sonderaktion, als wenn er fürchten muss, dass ihm seine besten Aktionen weggeschnappt werden.
Torf stechen
5. Dezember - Pferde als neue Tierart:
Als neue Tierart nahm ich Pferde in das Spiel auf. Pferde als sogenannte Animeeples geformt (Ani für Animal und Meeples für Spielfigur) sind etwas für das Auge und passen als Arbeitstiere schön ins Gesamtkonzept. Nutztiere haben in „Agricola“ zwei Funktionen: Sie bringen im Spielverlauf Nährwerte oder bei Spielende Punkte.
Alle Tierhaltungsregeln aus dem Grundspiel gelten auch für die Pferde. Realistisch war am Grundspiel, dass Schafe, Schweine und Rinder im Mittelalter tatsächlich als Haustiere gehalten wurden - nicht aber Pferde. In meinem Spiel ist dies dennoch erlaubt.
Wenn ich das so erzähle, stimmt schon mal einer das Lied „Es steht ein Pferd auf dem Flur“ an. Schön, dann wäre das auch geklärt. Und auch schön, dass das Lied nie zu Ende gesungen wurde.
Den Verzehr von Pferdefleisch habe ich über neue große Anschaffungen geregelt, auf die ich im Einzelnen im nächsten Abschnitt eingehen möchte: 2 Rossschlachtereien kamen unter die Feuerstellen, 2 Kochnischen wurden unter die Kochstellen gelegt. Durch diese Regelung kommen die Pferdeverzehr-Möglichkeiten erst ins Spiel, nachdem Feuer- bzw. Kochstelle bereits erworben wurden. Die Feuer- und Kochstellen sind die gleichen wie im Grundspiel, sehen also den Genuss von Pferdefleisch nicht vor. Deshalb dauert es immer ein wenig, bis Pferde gegessen werden können. Zuerst sind 12-jährige Mädchen immer von den Moorbauern-Pferden begeistert. Im Mittelspiel rufen die Schlachtmöglichkeiten ein Ausmaß an Empörung hervor, von dem der Autor nur hoffen kann, dass es vom Spielspaß überboten wird und alle 12-jährigen Mädchen anständig zu Ende spielen.
Punkte sollte es für Pferde zunächst wie für Gemüse geben, also je 1 Punkt für die ersten 4 Pferde. Ich sah es bald als besonders reizvoll an, für wirklich jedes Pferd 1 Punkt zu geben und so diejenigen kleinen Mädchen zu belohnen, die es auf eine große Pferdezucht bringen. Der Rekord lag in der Testphase am Ende dennoch bei „nur“ 10 Pferden. Empfindlich wird die Pferde-Förderung, wenn die Leute die Tiervermehrung anders spielen, als von mir vorgesehen. In Spielrunden, in denen sich die Tiere konsequent paarweise vermehren, dürfte die Pferdezucht-Strategie übermäßig stark werden.
Lustig ist für mich, dass die häufigste Regelfrage nach der Veröffentlichung von „Agricola“ war, ob mehrere Ställe auf eine Weide gestellt werden können. In der Tat hat auf jedes einzelne Hoffeld ein Stall Platz und so kann ein Spieler eine zwei Hoffelder große Weide mit zwei Ställen auf eine Kapazität von 16 Tieren bringen - ein Potenzial, welches bis dahin nie benötigt wurde, und die Regelfrage eigentlich auch überflüssig gemacht hat. Mit der Moorbauern-Erweiterung bekommt die Spielregel nachträglich Bedeutung: Es werden durchaus neun oder zehn Pferde auf eine zwei Hoffelder große Weide gestellt.
Die neuen Pferde
6. Dezember - Die großen Torf-Anschaffungen:
Die neuen großen Anschaffungen der ersten Stunde waren Rossschlachterei, Kochnische, Torfköhlerei und Forsthaus.
Rossschlachterei und Kochnische sollten das Umwandeln von Pferden in Nährwerten ermöglichen: die Kochnische als Aufwertung von Feuer- und Kochstelle, die Rossschlachterei als von Feuer- und Kochstelle unabhängige Anschaffung.
Die Torfköhlerei sollte das Torfstechen ertragreicher machen. Für die Torfköhlerei sah ich wie bei den Handwerksanschaffungen Sonderpunkte für Spielmarken - in diesem Fall Brennwerte - vor, was ich im Testverlauf zwischenzeitig dadurch ausgeglichen hatte, dass sie (als bisher einzige große Anschaffung), abgesehen von der Möglichkeit zu Sonderpunkten, gar keine Punkte wert war. In dieser Zeit wurde sie nur selten erworben, weshalb ich ihr am Ende der Testphase doch wieder den einen Punkt zugestanden habe. Sonderpunkte gab es auch für das Forsthaus. In Anlehnung an das damals aktuelle Spiel „Diamonds Club“ (Ravensburger, 2008, Rüdiger Dorn) sollte es für den Besitzer des Forsthauses pro Wald 1 Sonderpunkt geben. Torfköhlerei und Forsthaus waren wichtig für meine Strategieüberlegungen, so dass ich sie als einzige große Anschaffungen nicht durch andere große Anschaffungen abgedeckt habe.
Ich sah einen großen Vorteil darin, die meisten neuen großen Anschaffungen unter anderen großen Anschaffungen zu verstecken: Man muss sie bei Spielbeginn nicht erklären. Im Grundspiel sind die großen Anschaffungen der Punkt, der mich beim Erklären am meisten aufhält, denn man muss, um „Agricola“ komplett zu erklären, auf alle zehn großen Anschaffungen eingehen.
Über weitere große Anschaffungen wie Wohnküche (so der damalige Arbeitstitel), Brenn- und Heizofen sowie Manufakturen und Dorfkirche hatte ich ebenfalls bereits in der Planungsphase nachgedacht. Nur Brenn- und Heizofen, mit denen besondere Hausbau-Strategien unterstützt werden, sowie die wertvolle Dorfkirche überstanden die Tests. Mit den Gebäuden, die zunächst Manufakturen hießen und unter Handwerksgebäude wie die Tischlerei gelegt wurden, hatte ich etwas länger zu kämpfen.
Der Rohentwurf für die Moorbauern-Erweiterung war bereits im Dezember 2008 fertig und wurde von Hanno und Freunden über Silvester eine Woche lang getestet. Die Rückmeldung war erfreulich, und so vereinbarten Hanno und ich frühzeitig eine Veröffentlichung im Oktober 2009.
Mit den nächsten Kapiteln wage ich den Sprung in das Jahr 2009.
Kathi überlegt, welche große Anschaffung sie haben will
7. Dezember - Die Suche nach großen Anschaffungen für die Handwerksgebäude:
Die großen Anschaffungen unterhalb der Handwerksgebäude haben mich lange beschäftigt. Zunächst habe ich mit diesen Karten Sonderpunkte für die gewöhnlichen Handwerksgebäude gegeben, dann habe ich den Tausch von Waren ermöglicht (Holz in Lehm, Lehm in Schilf bzw. Schilf in Stein). In beiden Fällen unterlief mir der gleiche schwerwiegende Fehler: Wer sich von den drei plus drei Anschaffungen (also den Handwerksgebäuden und den darunter liegenden Karten) viele besorgte, gewann das Spiel - teilweise sogar mit großem Vorsprung. Schwächer machen durfte ich die Karten nicht, weil sie sonst einzeln schwach und/oder langweilig geworden wären. (Habe ich schon mal erwähnt, dass das „und/oder“ in meine Alltagssprache Einzug gehalten hat?)
Die Lösung des Problems lag in meinem Tausch-Entwurf verborgen. Lehm sollte nicht länger in Schilf, sondern nunmehr nur noch in Holz umgewandelt werden können. Die Warentauschkette, die insgesamt den Tausch von Holz in Steine ermöglichte, war unterbrochen! Manchmal können Lösungen so einfach sein.
Interessant ist die Wechselwirkung zwischen einem Handwerksgebäude und der darunter liegenden Karte. Beide Karten verwerten den gleichen Baustoff (Holz, Lehm bzw. Schilf). Da sollte man meinen, wer die oben liegende Karte hat, braucht die unten liegende nicht noch zusätzlich, ist somit dann aber auch wenig motiviert, die oben liegende überhaupt zu nehmen, was sich unvorteilhaft auf das Spiel auswirken könnte. Einem solchen „Handwerkerstau“ wollte ich dadurch zuvorkommen, dass ich die unten liegende Karte für Besitzer der oben liegenden attraktiver gemacht habe. Erst im Praxistest stellte sich heraus, dass es auch ohne Unterstützungsmaßnahme sinnvoll ist, beide Gebäude zu besitzen. Der Grund: Man hat in der Endphase des Spiels keinen Konkurrenten mehr um den umworbenen Baustoff. Meine Ausgleichsmaßnahme erwies sich also als überflüssig und ich habe sie rückgängig gemacht.
Die drei Handel-Karten
8. Dezember - Das Moormuseum:
Das Moormuseum ist eine Hauptattraktion meiner Heimat Ostfriesland, neben dem Teemuseum vielleicht sogar DIE Attraktion. Mir war es aus Heimatverbundenheit wichtig, das Museum in meine Spielvariante einzubeziehen. Als alle anderen neuen großen Anschaffungen fertig waren, war ich mit dem Moormuseum allerdings immer noch zwei Monate beschäftigt. Erst hatte ich themenbezogen Sonderpunkte für Moorplättchen und Handwerksgebäude versprochen. Als sich dies als zu langweilig erwies, ermöglichte ich nach einigen anderen Irrwegen einen vergünstigten Kauf anderer großer Anschaffungen.
Als Platz für das Moormuseum war von meinen ersten Gedanken an - thematisch passend - der unter der Torfköhlerei vorgesehen. Da die Torfköhlerei für nur 1 Stein zu erwerben ist, liegt das Museum in der Regel ziemlich bald im Spielverlauf frei.
Das Moormuseum konnte im Laufe der Testphase vieles. Es gab Sonderpunkte für Moorplättchen oder auch für große Anschaffungen. Lange Zeit wollte ich realitätsnah Einnahmen über Eintrittsgelder nachstellen, indem ich Nährwerte und Sonderpunkte für attraktive Hofpläne auslobte. Diese Ideen ließen sich nicht schlüssig umsetzen. So wurde am Ende aus dem Museum so etwas wie ein Bauhandwerk: Große Anschaffungen werden günstiger. Warum ich das Moormuseum dann nicht Bauhandwerk genannt habe? Die Heimatverbundenheit eben. Ich konnte es mir auch nicht verkneifen, bei der Preisverleihung zum Deutschen Spielepreis 2009 diese Geschichte zu erzählen. Damit habe ich mich endgültig als Ostfriese unter den Spieleautoren in das Bewusstsein des Fachpublikums gegraben. Ich bin gespannt, in wie vielen Rezensionen das jetzt am Rande erwähnt werden wird.
Ein Besuch im Moormuseum durfte natürlich auch nicht fehlen. Leider hat es immer erst ab Ende März offen. Für 2009 bedeutete dies, dass meine Moorbauern da bereits so gut wie fertig waren. Die Inspirationen kamen also etwas spät. Aber für eine Tasse Tee und einige Fotos reichte mein Besuch am 11. Mai 2009 dann doch noch.
Uwe in einer alten Wohnküche
9. Dezember - Ostfriesland und das Moor:
Auch ohne Museumsbesuch war ich im Verlauf der Moorbauern-Entwicklung einige Male in meiner Heimatstadt Aurich. Ich hatte mich im November 2008 mit meinem Vater über seine Kindheit unterhalten, die sich unter anderem tatsächlich im Moor abgespielt hat. Er erzählte mir von dem, was ich sogleich schemenhaft in Ausbildungen und kleinen Anschaffungen umsetzte.
Torfstechen war in der Nachkriegszeit Knochenarbeit. Die ganze Familie wurde eingebunden. Mein Vater berichtete mir, wie sehr man sich damals auf den Nachmittagstee freute, alleine, weil man dann endlich in die warme Stube kam.
Ich las auf einmal in Büchern, die ich seit meiner Kindheit im Bücherregal meines Vaters stehen sah. Einem Buch entnahm ich, dass man früher nicht nur Wald gebrandrodet hat, sondern auch Moor niederbrannte. „Bei der Moorbrandkultur wurde im Frühjahr die abgetrocknete, gehackte Mooroberfläche in Brand gesetzt. Hinterher säte man in die als Dünger dienende Asche Buchweizen. Dieses Verfahren war ein Raubbau am Boden, (…). Das Moorbrennen ist deshalb behördlich verboten worden.“ (aus: Dr. Gunther Möhlmann (1961). „Ostfriesland - Weites Land an der Nordseeküste“. Burkhard-Verlag, Essen. Seite 22).
Bis 1765 galt in Ostfriesland das Aufstreckungsrecht. „Danach konnte jeder von seinem Grundbesitz aus so weit ins Moor vorstoßen, bis er auf schon in Besitz genommenen Boden stieß.“ (Seite 21 desselben Buches). Dies erinnert an die Pionierzeit in den heutigen USA.
Auch folgende Begebenheit lädt zu einem neuen, ganz anderen Wirtschaftsspiel ein. „In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts leiteten vier kapitalkräftige Emder Bürger mit der Gründung Großefehns, des ersten Fehndorfes in Ostfriesland, nach holländischem Vorbild eine neue Form der Moorerschließung ein. Durch einen Kanal wurde das Moor entwässert, dem Verkehr erschlossen und besiedelt. (…) Den überschüssigen Torf verfrachtete der Fehntjer früher auf dem Kanal in die Marsch und brachte für den Erlös Schlick und Naturdung zur Verbesserung des Bodens zurück.“ (ebenfalls Seite 21).
Ausschnitt aus dem Ostfrieslandbuch
10. Dezember - Abstecher zur Eisen-Erweiterung der Torf-Erweiterung:
Torf wurde von Männern gestochen, von Frauen zum Trocknen aufgehockt und dann mit Loren auf Schienen, die immer wieder neu verlegt wurden, zum Straßenrand gefahren. Schienen sind aus Eisen. Diese zusammen mit Holzsäge, Torfspaten und Hufschmied ließen mich in meiner Brainstorming-Phase über eine Eisen-Erweiterung der Moorbauern-Erweiterung nachdenken - gerade weil mir auch eine schöne Möglichkeit einfiel, wie ich Eisen ins Spiel bringen könnte: Zu Beginn jeder Runde soll auf die neu aufgedeckte Rundenkarte 1 Eisen gelegt werden, bei Spielbeginn kommt 1 Eisen auf das Feld „Hausbauten“. Wer ein Aktionsfeld mit Eisen als Erster betritt, erhält das Eisen zusätzlich. Im Spiel mit 2/3/4 Teilnehmern können immer nur maximal 1/2/3 Eisen ausliegen (im Spiel zu fünft gibt es keine Begrenzung): Als überzählige Eisenmarken werden immer die am längsten ausliegenden aus dem Spiel genommen.
Als die Moorbauern-Ideen konkreter wurden, nahm ich von den Eisen-Elementen Abstand. Ich wollte das Spiel nicht überfrachten. Eisen steht mir damit immer noch für andere Varianten zur Verfügung. Und die beschriebene Möglichkeit, es ins Spiel zu bringen, ebenfalls. Schon in meinem Zwergen-Agricola (siehe Kapitel 24) sollen mit Erz Waffen hergestellt werden. Auf dem Bild zu sehen: eine Erzmine aus dem Zwergen-Agricola, mit der ein Spieler seinen Erzertrag steigert.
Erzminenplättchen aus dem Zwergen-Agricola
11. Dezember - Isolierung der Wohnstätte nach der ersten Torfprobe:
Am Dienstag nach der Aurich-Heimfahrt, bei der ich mich so lange mit meinem Vater unterhalten hatte (siehe Kapitel 9), kam es bereits zu meiner ersten Moorbauern-Testpartie. Es war der 11. November 2008.
Wie beim Grundspiel legte ich wert darauf, mit der Dreipersonenversion anzufangen. Den ganzen Tag über hatte ich die Partie vorbereitet. Jeder Spieler bekam fünf Wald- und drei Moorplättchen in gleicher Anordnung auf seinen Hof gelegt. Ich simulierte die Plättchen mit den Holz- und Lehmhüttenplättchen aus meinem Agricola-Prototyp. Zum Basteln nahm ich mir nicht die Zeit.
Eine wichtige Änderung, die gleich nach der ersten Partie in Kraft trat, lag in der Spielstrategie meiner Ehefrau Susanne begründet. Sie baute eine fünfraumgroße Holz-, dann Lehmhütte, für die sie der besseren Isolierung wegen gerne weniger Brennwerte bezahlt hätte. Ich nahm ihren Regelvorschlag auf.
Endlich wurde es sinnvoll, bei „Agricola“ frühzeitig zu renovieren. Wer in einer Lehmhütte wohnt, sollte insgesamt 1 BW (Brennwert) weniger zahlen, wer im Steinhaus wohnt, sogar 2 BW weniger. Das Renovieren wurde auf einmal so reizvoll, dass Lehm in manchen Partien zur Mangelware wurde. Plötzlich wurde eine Kochstelle nicht mehr direkt gebaut, sondern eher schon einmal nach dem Erwerb einer Feuerstelle ertauscht, weil der Spieler Lehm einsparen wollte.
Und noch eine Spielmöglichkeit eröffnete sich, die ich bis dahin überhaupt nicht eingeplant hatte. Man kann, wenn die Mitspieler nicht gerade aggressiv auf die Sonderaktionskarten spielen, die ganze Partie über mit zwei Personensteinen auskommen. Mein persönlicher Moorbauern-Rekord ganz ohne Familienzuwachs liegt bei 47 Punkten. Im Agricola-Grundspiel undenkbar.
Zwei Personen im Stein-Haus-Raum.
12. Dezember - Die Sonderaktionskarten:
Torfstechen, Holzfällen und Brandroden waren die grundlegenden Sonderaktionen, auf die ich die Moorbauern-Erweiterung aufgebaut habe. Da ich nichts am Basisspiel verändern wollte und ich Pferde ins Spiel bekommen wollte (siehe Kapitel 5), wurde der Pferdemarkt die vierte Aktion.
In der Familienversion kann man auf dem Startspielerfeld keine kleine Anschaffung durchführen. Um die vielen kleinen Anschaffungen (erst waren es fünf, dann sechs, schließlich sieben) ins Spiel zu bekommen, habe ich den Schwarzmarkt eingeführt. Für 1 Kohle (in Form eines Brennwertes) erhielt der Spieler eine Aktion „kleine Anschaffung“.
Die großen Anschaffungen dachte ich ausreichend bedient zu haben, indem ich immer in Runde 1 die Rundenkarte „1 große oder kleine Anschaffung“ ins Spiel bringe. Dem war nicht so. Deshalb variierte ich den Schwarzmarkt noch einmal und nannte ihn „Schwarzarbeit“. Für 1 NW, 1 BW und den üblichen Baukosten sollte der Spieler eine große Anschaffung nehmen dürfen. Kurz vor der Schwarzarbeit hatte ich auch noch den Arbeitsmarkt eingeführt. Er sollte zusätzliche Nährwerte ins Spiel bringen, mit denen die Spieler öfter als bisher Sonderaktionskarten „zweitverwerten“ sollen (siehe Kapitel 4).
Pferdemarkt, Schwarzmarkt, Schwarzarbeit.
13. Dezember - Die zwei bis drei Aufbaustufen der Moorbauern-Erweiterung:
Auf Ausbaustufe 1 soll die Moorbauern-Erweiterung wie in der Familienversion des Grundspiels ohne Handkarten gespielt werden. Das Spiel spielt sich nach wie vor zügig, weil niemand seine Handkarten lesen muss, erreicht allerdings eine strategische Spieltiefe, die über das Maß eines Familienspiels weit hinausgeht.
Auf Ausbaustufe 2 wird wie auf Stufe 1 mit den Spielplänen und Aktionskarten der Familienversion gespielt. Zusätzlich erhält jeder Spieler 7 neu entwickelte kleine Anschaffungen verdeckt auf die Hand. Auf Stufe 2 fordert mich persönlich die Erweiterung in einem Maße, dass ich die Ausbildungskarten zu keiner Zeit vermisst habe. Ein Großteil meiner Agricola-Fangemeinde fühlt sich aber, wie mir scheint, auch auf Stufe 2 noch unterfordert.
Angeboten hat sich, auf Aufbaustufe 3 die Ausbildungskarten des Basisspiels mit einzubeziehen. Von den Testspielern aus meinem persönlichen Umfeld behaupteten nur wenige, dass diese Variante reizvoll für sie wäre. Wie also sollte ich Stufe 3 in der Spielregel vorstellen, ohne zu bewirken, dass manche Spielefans gleich auf dieser Stufe starteten? Ich stellte die Moorbauern-Erweiterung also als dreistufig vor, erwähnte Stufe 3 aber nur unter den Varianten.
Stufe 3 mit Ausbildungen.
14. Dezember - Zwei Varianten:
Zwei Regelvariationen fügen sich thematisch schön in das Spiel ein, sind aber für den Spielfluss nicht notwendig. Ursprünglich sollten sie gemeinsam als Variante angeführt werden, da sie sich gegenseitig ergänzen: Mit der einen Regel werden den Spielern zusätzliche Brennwerte abverlangt, mit der anderen Regel werden Brennwerte an die Spieler ausgeschüttet. Durchgesetzt hat sich letztendlich nur die erste Idee.
Kochanschaffungen sollen mit 1 BW erst in Betrieb genommen werden müssen, um genutzt werden zu können. Dieser Brennwert kann jederzeit gezahlt werden, ist also nach der Investition als Folgekosten zu verstehen. Bis dahin werden die Anschaffungen mit einer Marke „noch nicht in Betrieb genommen“ blockiert (siehe Foto).
Durch folgende Regel sollten Brennwerte an die Spieler ausgeschüttet werden. Kuhfladen und Pferdeäpfel können zu Brennwerten getrocknet werden. Die Startkarten sind von 1 bis 9 durchnummeriert. In jeder Ackerphase können die Spieler eine Startkarte ziehen. Wer die 1 zieht, erhält 1 BW, falls er mindestens 1 Pferd hat. Wer die 2 zieht, erhält 1 BW, falls er mindestens 2 Pferde hat, usw. Wer die 9 zieht, erhält entsprechend 1 BW, falls er mindestens 9 Pferde hat. Dabei gilt, dass 1 Rind 3 Pferden entspricht, weil getrocknete Kuhfladen einen wesentlich höheren Brennwert haben als getrocknete Pferdeäpfel. Alltagswissen in Ostfriesland. Ich weiß so etwas. Ich war in meiner Jugend mit Bernd Eilts bekannt, einem Ostfriesen, der aus Kuhfladen ausstellungsreife Plastiken und Uhren schafft.
Variante noch nicht in Betrieb.
15. Dezember - Vier Experimente:
Wenn man einen Spielregelentwurf hat, steht man immer vor der Frage, ob weiterführende Ideen dem Spiel einen Mehrwert geben oder ob das Spiel durch die zusätzlichen Regeln nur aufwendiger zu spielen und zu erklären ist.
Auch zur Moorbauern-Erweiterung hat es Ideen dieser Art gegeben, die ich am Ende nicht in das fertige Spiel einbezogen habe. Vier davon möchte ich vorstellen. Vielleicht bekommt ja der eine oder andere Lust, sie in seinen Partien auszuprobieren.
Die erste Idee.
Unkontrollierter Familienzuwachs
Wer seine Wohnstätte gar nicht heizt, soll in der nächsten Runde zwei Personen haben, die nicht aus dem Bett kommen. Hieraus entsteht ein so genannter „unkontrollierter Familienzuwachs“ (siehe Foto). Diese schöne (und von ihm inzwischen zweifach erprobte) Idee stammt von Hanno Girke. Dass sie nicht in das Spiel Einzug gehalten hat, liegt daran, dass es wenige Testpartien gegeben hat, in denen sie viel zu stark war. Hanno bezeichnet sie auch eher als spontane Schnapsidee. Der genaue Regeltext: Kann oder will ein Spieler in einer Erntezeit 1 BW oder mehr nicht aufbringen, braucht er gar nicht zu heizen. Dafür erhält er 3 Bettmarken, die er auf 2 Personen verteilt. Die Bettmarken zeigen an, dass die eine Person des Spielers eine Runde aussetzen muss, die andere Person zwei Runden. Zwischen dem Personenstein, der 2 Runden aussetzen muss, und dessen 2 Bettmarken kommt, sofern noch vorrätig, ein zusätzlicher Personenstein. Dies bedeutet, dass der Person ein „unkontrollierter Familienzuwachs“ widerfährt, der auch nicht zu verhindern ist. Mit dem zweiten Personenstein wird ein „Familienzuwachs ohne Platz in der Wohnstätte“ gekennzeichnet, der zu Beginn der zweiten Runde nach Krankwerdung entsprechend der Aktion aus Runde 12/13 durchgeführt wird. Trotz Familienzuwachs muss die kranke Elternperson in dieser Runde in die Krankenstation. Bei allen 3 Besuchen in der Krankenstation erhält der Spieler keinen zusätzlichen Nährwert.
Die nächsten Ideen. Im Zuge der Moorbauern-Entwicklung kam es auch zu Ideen, die ich niemals getestet habe, die aber bei zukünftigen Projekten als Bausteine dienen können.
Die dritte Renovierung
Immer derjenige, der als letzter Spieler seine Hüttenräume in Steinhausräume renoviert hat, darf als aktuell einziger Spieler eine dritte Renovierung durchführen. Für 1 Holz pro Raum plus 1 Schilf bekommt er eine luxuriöse Ausstattung seines Steinhauses. Diese Steinhausräume sind dann 3 Punkte pro Raum wert. Ein weiterer Ausbau des Steinhauses ist dann nicht mehr möglich.
Es folgen zwei weitere „kleine“ Ideen.
Das Teich-Plättchen
Unter der Bedingung, dass ein Spieler nur noch genau ein ungenutztes Hoffeld hat, kann er, wenn er die Aktion „Fischfang“ nutzt, zusätzlich ein Teichplättchen auf das leere Hoffeld legen. Dies ist bei Spielende 2 Sonderpunkte wert und erzielt bis dahin zu Beginn jeder Runde genau 1 NW.
Bauschutt
Auf einem Hoffeld eines jeden Spielers werden bei Spielbeginn eine Spielmarke „2 Punkte“ (unten) sowie 1 Lehm, 1 Schilf und 1 Stein (oben) gestapelt. Immer wenn ein Spieler die Sonderaktion „Bauschutt“ nutzt, erhält er die oberste Marke. „Bauschutt“ wäre dann die achte Sonderaktion im Spiel geworden. Sie kann in der Veröffentlichung als Variante des Arbeitsmarktes angesehen werden.
Unkontrollierter Familienzuwachs.
16. Dezember - Die Entstehungszeit der Moorbauern-Erweiterung:
Über die Spiele „Agricola“ (Lookout Games, 2007) und „Le Havre“ (Lookout Games, 2008) haben sich für Hanno und mich feste Vertriebspartner im Ausland gebildet. Die Übersetzung der Spiele ins Englische besorgte Melissa Rogerson, die in andere Sprachen unsere Partner. Die einen haben aus der englischen Übersetzung übersetzt, die anderen aus dem deutschen Original. Für Herbst 2009 hatten wir uns einiges vorgenommen, da wir gleich einige Sprachenausgaben mit produzieren lassen wollten. Im November 2008 hatte ich die Moorbauern erfunden, bis Mitte März 2009 hatte ich die 14 neuen großen Anschaffungen gründlich getestet, sowie über 200 kleine Anschaffungen erdacht und angetestet. Mitte März 2009 teilte ich die kleinen Anschaffungen aus produktionstechnischen Gründen in insgesamt vier Decks à 59 Karten auf. Die ersten beiden Decks trauten wir uns zu, im gegebenen Zeitrahmen gründlich getestet und rechtzeitig gezeichnet, übersetzt und layouttechnisch gesetzt zu bekommen. Für diese beiden Decks filterte ich aus den vorhandenen Karten einfache Einstiegskarten (E-Deck) bzw. besonders originelle Karten (F-Deck) heraus.
Ich stelle fest, dass ich meine Arbeitsweise bei Partyspielen auch auf die andere Form von Erwachsenenspielen, mit der ich mich beschäftige, übertrage. Ich erfinde gerne doppelt so viele Karten wie nötig, um am Ende eine große Auswahl zu haben. Schon bei „Le Havre“ hatte ich aus über 100 Sondergebäuden 36 für die Veröffentlichung ausgewählt. An jeder einzelnen Le-Havre-Karte hat Klemens 3 bis 4 Stunden gesessen. Mit mehr als 36 Karten wäre „Le Havre“ unbezahlbar geworden.
Der Zeitplan für die Moorbauern bis zur Spielemesse in Essen 2009 war so abgesteckt, dass Mitte April die deutschen Kartentexte fertig waren. Diese wurden dann in zwei Stufen übersetzt und gesetzt. Anfang September gingen sie in Druck. Wenige Wochen vor der Spielemesse in Essen wurden sie in Hannos Scheune eingelagert. Einen Großteil ließ Hanno direkt nach Essen bringen (siehe Kapitel 22).
Aufteilung der kleinen Anschaffungen.
17. Dezember - Einteilung der kleinen Anschaffungen:
Zur Einteilung der kleinen Anschaffungen habe ich Anfang März die Karten erst einmal nur ungefähr auf die Decks verteilt, danach habe ich sie oberflächlich nach Themen sortiert: Nährwertbeschaffer, Brennwertbeschaffer, Viehzuchtunterstützer usw. Im Verlauf von fünf Tagen – es waren wieder einige Tage in Aurich – wurde die Unterteilung immer detaillierter, so dass ich am Ende drei Decks mit etwa der gleichen Beschaffenheit hatte. Alle drei Decks waren in 21 Themen unterteilt und jedes Thema kam in jedem Stapel gleich oft vor. Ein großer Vorteil war die Sprachanpassung. Man formuliert ja nicht alle Karten am gleichen Tag. So drückt man sich an verschiedenen Tagen auch unterschiedlich aus. Wenn man dann ähnliche Karten nebeneinander stellt, kann man sie gut nachträglich anpassen. Mit den fertigen Karten-Decks bestritt ich die letzten Tests. 80 % der Karten hatte ich bis dahin schon ausgespielt gesehen und konnte sie einschätzen. Die mutigeren Karten, bei denen die Spieler schwierige Bedingungen zu erfüllen haben, dann aber auch einen großen Erlös bekommen, stellte ich zunächst hinten an. So konnte ich mich im Test gut auf die Details konzentrieren.
Mehrwertmarken und Lagerstätte.
18. Dezember - Der Abschluss:
Vier Monate hatte ich intensiv an der „Torf-Erweiterung“ gearbeitet. Erst gegen Ende hatten wir ihr den Namen „Die Moorbauern“ gegeben. Mit Nahen des Termins, an dem die Texte für die Übersetzung ins Englische fixiert werden sollten, nahm ich gedanklich Abschied von dem Spiel. Irgendwann vertraut man darauf, dass Fehler, die bis dahin nicht aufgeflogen sind, auch nicht so schwerwiegend sein mögen. Von einem Tag auf den anderen wechselte ich zu meinem neuen Spiel „Ora et Labora“, das ich eigentlich bereits im November angehen wollte. Für „Torf“ und „Ora“ hatte ich damals parallel Ideen entworfen. Auch Ideen für mein Wein-Agricola flossen in „Ora“ ein. An Gemeinsamkeiten ist festzustellen, dass es auch bei „Ora“ Moor- und Waldplättchen gibt, die man vom Spielplan nehmen muss, um dafür die Rohstoffe Torf bzw. Holz zu erlangen. Den Warenumschlagplan habe ich auf „Le Havre“ aufgebaut. Original erhalten ist die Holzmarke: auf der einen Seite Holz, das 1 Energie wert ist, und auf der anderen Holzkohle mit 3 Energie. Wein-Agricola und „Ora“ haben die Hofplanergänzungen gemeinsam, die bei „Ora“ unumgänglich sind, weil man ohne sie seine Neuerwerbungen gar nicht ablegen kann: „Ora“ muss man sich so vorstellen, dass man seine Anschaffungen auf die Hoffelder legt, um dies in Agricola-Sprache auszudrücken. Ich bin selbst gespannt, was aus diesen Projekten noch werden wird.
Uwe und Ora et Labora.
19. Dezember - NRW-Tournee 2009:
Wie schon in den letzten Jahren machte ich mich im Vorfeld der Veröffentlichung meiner neuen Spiele auf, sie in meinem Wahlbundesland Nordrhein-Westfalen bekannt zu machen. 2009 begann meine Reise bereits Mitte April. Die Texte für „Die Moorbauern“ waren fertig und „Vor den Toren von Loyang“ befand sich (chronologisch als Vorläufer von „Agricola“) schon in der wiederholten Testphase. Mitte April schlossen wir bereits unsere Vorüberlegungen für die Grafik ab. Die Suche nach einer einheitlichen Grafik-Linie für alle Kartentypen dauerte vergleichsweise etwas länger. Den Anfang der Reise nahmen meine Spiele noch alleine. Carsten Hübner nahm sie auf eine Spielewoche nach Rheinland-Pfalz mit, Rolf Raupach zeitgleich mit nach Oberhof, eines der inzwischen in Deutschland etablierten Spielertreffen. Umfassten meine Testspielerlisten bis dahin je 130 Leute, wurden sie in diesen Wochen erstmals ohne mein eigenes Zutun länger. Den Schwerpunkt meiner Testreihe bildete wieder der Herner Spielewahnsinn im Mai. Ich erklärte meine Spiele drei Tage lang am Stück. Dabei entstand für „Vor den Toren von Loyang“ (Hall Games, 2009) eine Erzählregel. Dies sind exakt die Worte, mit denen ich das Spiel erkläre. Ralph Bruhn und ich ließen die Erzählregel setzen und drucken und haben sie in Essen verteilt. Hier der Download: http://www.hallgames.de/download/LOYANG_DE_REGELN_UWE.pdf
Die Resonanz war so erfreulich, dass ich in Zukunft gerne immer zwei Spielregeln in ein neues Spiel legen möchte, eine zum Aneignen der Spielregeln und eine zum Nachlesen. Für die „Moorbauern“ entwickelte sich in Herne ebenfalls ein Erklärfluss. Erklärt hatte ich insbesondere, wie die unterschiedlichen Regeln aufeinander einwirken. Hier habe ich mir bis heute nicht die Zeit genommen, alles niederzuschreiben.
Vorführung im Mage Store in Düsseldorf.
20. Dezember - Die Soloregeln:
Die Soloregeln datieren vom 2. bis 3. Mai 2009. Im Hinterkopf hatte ich sie schon zwei Monate zuvor, als ich entschieden hatte, welche Karten in die Veröffentlichung gelangen sollten. Alle Karten, die Bezug auf die Mitspieler nehmen und im Solospiel keine Bedeutung haben, hatte ich aussortiert. Aus diesen Karten würde ich gerne für Werbezwecke ein eigenes Deck machen (siehe Kapitel 21). Bei der Entwicklung der Soloregeln experimentierte ich mit den Sonderaktionskarten. Dem Spieler jederzeit jede Sonderaktion zugänglich zu machen, war mir zu langweilig. Ich dachte darüber nach, drei Sonderaktionskarten auszuwählen, die erste sollte für die erste Spielplanzeile gelten (also Runde 1, 2, 5, 8, …), die zweite für die zweite Spielplanzeile (also Runde 3, 6, 9, 11, 13) und die dritte für die dritte (Runde 4 und 7). So startete ich die erste Partie. Ich hielt es aber für reizvoller, eine noch größere Variabilität bei den Sonderaktionen zu erzielen. So brach ich die Partie ab und startete neu, indem ich alle Sonderaktionskarten als Kartenstapel einsetzte. Außerdem legte ich keine Nährwerte mehr auf das Startspielerfeld (die Nährwerte auf dem Fischfang-Feld reichten vollkommen aus). Eine nicht genutzte Sonderaktionskarte durfte zurück unter den Stapel geschoben werden. Gegen Ende der laufenden Partie fand ich es langweilig, keine Sonderaktionskarte mehr zu haben. Mir gefiel die Vorstellung, der untersten Karte eine besondere Bedeutung zu geben, indem ich sie bis Spielende immer wieder neu aufdeckte – gerade weil dies die Karte war, auf die ich im Spielverlauf Einfluss nahm. Die letzte Sonderaktionskarte wird also nie aus dem Spiel genommen, egal, ob sie genutzt wird oder nicht. Ich brach die Partie ab. Mit dem unguten Gefühl, das es Partien geben kann, in denen höchstens dreimal Torfstechen möglich ist (dann aber jedes Mal auf Brandroden verzichtet werden muss) ging ich schlafen. Am Tag darauf startete ich erneut. Ich wollte auf Susannes Vorschlag hin die Regel aus dem Mehrpersonenspiel, dass Sonderaktionskarten für 2 NW ein weiteres Mal genutzt werden können, in das Solospiel einflechten. Im Solospiel bedeutet dies, dass der Spieler für 2 NW verhindern kann, dass die Sonderaktionskarte aus dem Spiel genommen wird. Ich spielte meine erste Partie durch, kam auf 66 Punkte und war zufrieden. Nicht nur mit der Punktzahl.
Soloversion.
21. Dezember - Das I-Deck für die Moorbauern:
Um das Solospiel herauszuheben, hatte ich für die Veröffentlichung der „Moorbauern“ alle Karten aussortiert, die im Solospiel keine Bedeutung haben. Diese habe ich ab Juni 2009 als eigenes Deck getestet und dabei für die Produktion auf 24 Karten reduziert. Im Gegensatz zum I-Deck aus dem Grundspiel sind die Karten in diesem I-Deck wirklich alle interaktiv. Ich habe die Karten ohne Hinzunahme anderer Karten getestet. Im Vierpersonenspiel bekam jeder Spieler 6 Karten auf die Hand, im Dreipersonenspiel 8 Karten. Im Fünfpersonenspiel hat der Spieler an Position 2 eine Karte weniger bekommen (der Spieler an Position 1 ist ja schon benachteiligt, weil er 1 NW weniger bekommt). Beim Testen habe ich es genossen, genau zu wissen, welche Karten im Spiel sind. Was mich dazu gebracht hat, dass ich auch für das Grundspiel gerne Decks hätte, bei denen wirklich jede Karte verteilt wird. Wer Lust hat, kann sich Gedanken machen, welche Karten gut miteinander harmonieren und selbst solche Decks zusammenstellen. Ich würde diese Listen gerne veröffentlichen.
Karten aus dem I-Deck.
22. Dezember - Die Moorbauern auf der Spielemesse 2009:
Um sicherzustellen, dass wir auf der Spielemesse 2009 genügend Moorbauern-Spiele da haben, haben Hanno und ich uns erstmalig einen zweiten, unauffälligen Messestand gegönnt, den wir als Lager genutzt haben. Bei jedem anderen Stand überlegt man sich, wie man die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen kann, bei einem Lager möchte man am liebsten, dass niemand davon weiß. Wir hatten uns so viele Moorbauern auf die Messe bringen lassen, dass das Lager dafür gar nicht ausgereicht hat. So ließen wir die Spiele auf zwei Euro-Paletten an unserem Verkaufsstand stehen. Eine Palette blieb bis zum Ende der Messe unberührt. 1000 verkaufte deutschsprachige und noch einmal 300 verkaufte englischsprachige Exemplare bei Z-Man-Games machten uns aber dennoch zufrieden, da es erstmalig auf der Messe mehr als 500 Neuerscheinungen gab, die um die Kaufkraft der Besucher buhlten. Auffällig ist, dass es von Jahr zu Jahr immer mehr Spieler-Spiele gibt, aufwendig komponierte und abendfüllende Spiele, die die Freizeit des Spielfreundes gewaltig in Beschlag nehmen. Pro Spiel einen Abend, da kann man froh sein, wenn das eigene Spiel überhaupt Beachtung findet, gerade wenn es sich „nur“ um eine Erweiterung handelt, die vermeintlich nichts Neues bietet.
Uwe erklärt die Moorbauern auf der Messe in Essen.
23. Dezember - Der Vormarsch der Worker-Placement-Spiele:
Für Worker Placement gibt es leider keine gute deutsche Bezeichnung, obwohl es die Übersetzung „Arbeiter-Einsetz-Spiele“ gut treffen würde. Man nimmt seine Spielfiguren und setzt sie auf Aktionsfeldern ein. Das Schöne an diesen Spielen ist, dass man mit ihnen opulente Geschichten erzählen kann. Kaum eine andere Spielart hätte es mir z. B. ermöglicht, wie bei meinem letztjährigen Spiel „Le Havre“ (Lookout Games, 2008) 16 unterschiedliche Waren unterzubringen. In den Jahren 2006 bis 2008 gewannen Worker-Placement-Spiele den Deutschen Spielepreis. Dies könnte sich 2010 wiederholen. Wieder waren es Worker-Placement-Spiele, die am meisten Aufsehen erregt haben, allen voran das tschechische Spiel „Dungeon Lords“ (Czech Games Edition, 2009, Vlaada Chvátil). Ich selbst bin in diesem Jahr mit einem reinen, klassischen Wirtschaftsspiel angetreten. Über die Jahre kommt man sich vor wie beim „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ (neuerdings „Song-Contest“). Dieses Jahr bin ich also nicht mit einem Stimmungslied osteuropäischen Vorbilds angetreten, sondern mit einem Interpreten, der altbekannt ist und hoffentlich nicht schon ausgedient hat. Ich präsentiere für das Land „Uwe Rosenberg“ die Kategorie Wirtschaftspiel mit der Darbietung „Vor den Toren von Loyang“, komponiert und arrangiert von Klemens Franz, getextet von Ralph Bruhn. Ich bemühe dieses Bild auch aus dem Grunde, weil auf der Neuheitenshow in Essen das niederländische Worker-Placement-Spiel „Opera“ (The Game Master, 2009, Hans van Tol) etwas mehr aufgefallen ist als andere Spiele. Es wurde ein Opern-Paar engagiert, um vor den Augen des Publikums ein paar Duette auszutragen. Sehr gelungen, wie ich meine. Nicht nur der Gesang, auch das Spiel. Der Link zum Gesang: http://www.youtube.com/watch?v=7eFDeMm85pA
Opera auf der Neuheitenshow Essen 2009.
24. Dezember - Ausblick:
Nach den Moorbauern sollten eigentlich die Weinbauern folgen. Der Entwurf für die Weinbauern stand fest (mit Bioalter für die erste Bauerngeneration und gesondertem Hüttenbau für die zweite Generation), gefesselt hatten mich aber in den Tagen vor der Spielemesse 2009, als es für die Essen-Messe nichts mehr zu tun gab, mehr die Ideen für ein Höhlen-Agricola.
Die Bezeichnung „Agricola - Die Höhlenbauer“ würde es in der Doppeldeutigkeit Landwirt/Baumeister gut treffen. Außerhalb der Höhle wird Landwirtschaft betrieben, da sind die Höhlenbauer Bauern. In der Höhle höhlen und beuten die Höhlenbauer den Berg aus. Da sind sie also Höhlen-Erbauer.
Ich würde das Spiel auch gerne „Agricola - Dwarfquest“ nennen. Die Höhlenbewohner sind, so wie ich die Geschichte erzähle, Zwerge. Sie schmieden aus Erz Waffen und lösen mit ihren Waffen Queste, für die sie reichlich belohnt werden. Tief in der Höhle entdecken die Zwerge Rubine, welche ihnen Sonderaktionen ermöglichen oder die sie gegen jede andere Waren tauschen können. Eine wesentliche Änderung im Vergleich zum Grundspiel besteht darin, dass der Hofplan nur aus Wald besteht, der wie bei den Moorbauern urbar gemacht werden muss. Dies geschieht mit Dominoplättchen: auf der einen Dominoseite ein Acker, auf der anderen Seite eine Wiese, aus der eine Viehweide entstehen kann. Auch im Berg, der zweiten Seite des persönlichen Plans, wird mit Dominoplättchen gearbeitet: auf der einen Dominoseite eine Höhle, in der z. B. eine Schmiede eingerichtet werden kann, auf der anderen Dominoseite Stollen, die zu Erz- und Rubinminen führen (bzw. von entsprechenden Plättchen abgedeckt werden).
Während ihr diesen Text lest, werde ich voraussichtlich und hoffentlich schon einige Male mit meinen Zwergen gespielt haben. Mit einem ganz anderen Zwerg werden meine Frau und ich unser erstes gemeinsames Weihnachtsfest feiern. Ich wünsche euch allen eine besinnliche Zeit.
Euer Uwe
Die Höhlenbauern.
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