Wer spielen kann, lernt besser
"Papa, spielst Du heute wieder mit mir?" Theos Frage an seinen Vater zeigt, dass Spielen für Kinder ebenso selbstverständlich wie lebensnotwendig ist. Kinder entdecken die Welt im Spiel. Es ist der beste Nährboden für Lernerfahrungen. Und Kinder spielen für ihr Leben gerne. Bei Erwachsenen ist es mit der Wertschätzung des Spiels nicht immer zum Besten bestellt. Oft glauben sie, auf diese menschliche Grundfähigkeit, die Kinder so überzeugend und lustvoll beherrschen, mit zunehmendem Lebensalter verzichten zu können. "Erst die Arbeit, dann das Spiel", oder "Das Leben ist kein Kinderspiel, sondern harte Arbeit" heißt es im Erwachsenenleben. Wozu aber sind lebenslange Spielerfahrungen gut? Spielen spiegelt die Palette menschlicher Verhaltensformen Wer spielende Menschen beobachtet, findet Antwort auf diese Frage. Wer spielt, kann handeln, denken und fühlen – und sammelt Erfahrungen. Ein Spiel bietet alle Formen menschlichen Verhaltens: Freude und Ärger, Wettstreit und Kooperation, Gemeinsamkeit und Eigenständigkeit. Ein Spiel fesselt und bannt, unter Spannung versuchen wir unsere Fähigkeiten zu beweisen: Mut, Geist, Witz, Findigkeit und Durchhaltevermögen. Ein Spiel entführt uns aus dem gewöhnlichen Leben: In einer in sich abgeschlossenen Welt schlüpfen wir in eine andere Rolle und erleben quasi modellhaft ein Stück vertraute oder fremde Realität. Das gilt für ein Theaterstück genauso wie für die Weltreise auf dem Spielbrett. Diese Spielwelt existiert nur für eine bestimmte Zeit, dann ist sie wieder verschwunden. Wenn sie uns gefallen hat, können wir wieder einsteigen und uns die Erlebnisse zurückholen. Ein Vorzug, den der Alltag nicht so ohne weiteres bietet. Spiele für jede Stufe der Entwicklung Persönlichkeitsentwicklung und Spiele stehen in engem Zusammenhang. Jede Entwicklungsstufe braucht spielerische Anregungen. Kinder wie Erwachsene lernen durch Spaß, Experiment und Wiederholung. Dafür benötigen sie bestimmtes Können sowie Denk- und Urteilsfähigkeiten. Den Ordnungsrahmen dazu bilden die Spielregeln. Von einfach geregelten Spielsituationen mit sozialem Charakter wie "Hoppe hoppe Reiter" und "Die Reise nach Jerusalem" reichen die Spielformen bis zum Mannschaftsspiel, sei es "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann", Volleyball oder Boule. Geschicklichkeitsspiele, Karten- oder Legespiele stellen schon vielfältigere Anforderungen in Verbindung mit Zufall. Oder sie rufen kognitive Fähigkeiten und Wissensleistungen ab wie etwa beim Quiz. Regelspiele auf dem Brett fordern von Kindern in erster Linie soziale Kompetenz. Die kindliche Egozentrik ist oft die Ursache, die insbesondere den Drei- und Vierjährigen das Brettspielen erschwert. Kinder setzen zunächst ins Spiel um, was sie sehen: Sie ahmen nach, würfeln und ziehen und nehmen dies als modellhafte Verhaltensvorgaben beim Brettspiel wahr. Und wenn der Würfel so schön fällt und klackert, würfelt der Drei-jährige gerne auch etliche Male, was der Sechsjährigen schon als Regelwidrigkeit aufstößt. Zur sozialen Spielfähigkeit gehört das Regelbewusstsein, das sich mit dem Alter entwickelt. Im Spiel beweisen Kinder, was sie können In Regelspielen lernen Kinder vieles: miteinander zu kommunizieren, abwechselnd zu spielen, über Spielsituationen zu beraten. Sie versuchen, ein gestecktes Ziel zu erreichen und treten dazu in Wettstreit. Geregelte Spielwelten auf dem Brett bieten Kindern die Gelegenheit, sich zu beweisen und zu zeigen, was sie können: Farben unterscheiden, sortieren, ordnen, zählen, oder sich an etwas erinnern. Dabei werden die eigenen Fähigkeiten mit denen der mitspielenden Kinder verglichen. Spiele, die Kindern im Vorschulalter Spaß machen und ihre Spiellust fördern, brauchen Strukturen. Sie müssen so angelegt sein, dass sie das Spielziel auch ohne genau geplante Verfahrensweise erreichen können. Die Fähigkeit, sich in den Blickwinkel des anderen hineinzuversetzen und zu versuchen, dessen Spielplanung zu verstehen, entfaltet sich am besten auf der Basis altersgerechter Brettspiele. Fünf- bis sechsjährige Kinder entwickeln zusehends mehr Regelbewusstsein. Sie können eine Aufgabenverteilung im Spielablauf vornehmen und sind in der Lage, einen für sie Vorteile verschaffenden Spielzug zu erkennen. Komplexe Regelkonstruktionen sind dann sinnvoll, wenn Kinder Verhalten und Entscheidungen im Spiel entwickelnd planen können. Das heißt, sie stimmen ihre Strategie auf die der Mitspieler ab und beziehen dabei Wahrscheinlichkeiten mit ein. Diese Entwicklung beginnt im Grundschulalter und perfektioniert sich bis ins Jugendalter. Grundsätzlich gilt: Im Spiel erlernen Kinder soziale Fähigkeiten und werden zu intellektuellen Leistungen angeregt. Wer spielen kann, hat somit allerbeste Voraussetzungen lebenslang zu lernen.
Quelle: Ravensburger (Pressemeldung)