Interview mit den Autoren Andreas Pelikan und Alexander Pfister (Broom Service)
Nach den Videos (unbedingt man reinschauen :-) ), Berichten und einem ersten kurzen Interview folgt wie versprochen das lange und sehr informative Interview mit den Autoren.
Jörg: Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch an für den Preis Kennerspiel des Jahres 2015 (Broom Service). Habt Ihr damit gerechnet, bzw. welche Chancen habt Ihr Euch überhaupt ausgerechnet? Alex: Im Vorfeld wurde uns geraten sich keinen großen Erwartungen hinzugeben. Immerhin, 2 von 3 gewinnen NICHT. Diesen Tipp habe ich versucht soweit wie möglich anzunehmen. Ich hatte unsere Chance bei 40% gesehen, also etwas mehr als die rechnerischen 33%. Ganz einfach deshalb weil im Netz öfters auf Orleans und Broom Service getippt wurde. Alle 3 hatten ihre Stärken und auch ihre Gegenargumente. Es war also schwer zu sagen woran sich die Jury orientieren würde. Andi: Natürlich haben wir darauf hingearbeitet. Aber welcher Spieleautor macht das nicht? Jeder Minnesänger träumt davon, das Herz der Königstochter zu erobern und jeder Schauspieler steht irgendwann heimlich vorm Spiegel und übt seine Oskar-Dankesrede. Aber ernsthaft damit gerechnet? Da könnte ich genauso gut sagen, ich geh jetzt in die Trafik und kaufe mir die 6 Richtigen im Lotto. Jörg: Warum glaubt Ihr hat es Broom Service am Ende geschafft zum Kennerspiel gekürt zu werden? Alex: Alle 3 Nominierten waren sehr gut, aber sprachen durchaus auch unterschiedliche Zielgruppen an. Hätte man nur Strategieliebhaber gefragt, sie hätten Broom Service sicher nicht vorne gesehen. Ich glaube, dass Elysium und Broom Service mehr Gegenstimmen beim "Volk" hatten als Orleans. Aber die Jury will nicht unbedingt den bequemen Weg gehen. Broom Service ist unter den Nominierten sicher das Spiel mit den meisten Emotionen. Wenn man sich verzockt, kann auch Frust aufkommen. Das hält nicht jeder aus. Viele sind aber gerade deshalb von Broom Service schwer begeistert. Und je größer die Verbreitung, desto mehr Fans wird Broom Service finden können. Dieser Preis hilft dem Spiel ungemein. Andi: Es hat sicher geholfen, dass wir sowohl von der Spielerzahl als auch von der Zielgruppe breit aufgestellt sind. Dass uns alea die Freiheit geboten hat, die Mini-Erweiterungen mit ins Spiel zu packen, war aus jetziger Sicht die goldrichtige Entscheidung. Damit können wir Vielspielern ein interessantes und abwechslungsreiches Spiel bieten und gleichzeitig den Familien einen einfachen Einstieg ermöglichen. Jörg: Kennt Ihr die anderen nominierten Spiele? Alex: Ja, habe Orleans selber zuhause und liebe es. Elysium habe ich auch schon gespielt. Sind beides tolle Spiele. Andi: Orleans hat ja ein eigenes Genre begründet: die Bag-Building Games. Gibt es dafür eigentlich auch schon einen deutschen Namen? Im Wienerischen würden wir wahrscheinlich Sack-Bauer dazu sagen. An Elysium ist das geniale, dass man es den Vorlieben der Spielerunde anpassen kann. Ich mag direkte Aggression nicht so gerne, also kann ich beim Auswählen der 5 von 8 Götterfamilien Posseidon einfach draussen lassen. Jörg: Der Mechanismus von Broom Service zeigt Ähnlichkeiten zum damaligen Spiel "Wie verhext". Warum hat man sich diesem Spiel noch einmal angenommen? Alex: Andreas wird dazu die Geschichte erzählen... Andi: Ich kenne die Geschichte ja auch nur aus zweiter Hand. Die Protagonisten waren jedenfalls Stefan Brück, Michael Rieneck und Bier. Auf die weiteren Details bin ich auch neugierig und hoffe, die drei in Essen mal auf einem Fleck zu erwischen. Aber grob gesagt, obwohl sich Wie Verhext! gut verkauft hat, hätte man sich von einem nominierten Spiel noch mehr erwartet. Und Überarbeitung statt Neuauflage klingt ja spannend. Jörg: Einige Spieler monieren ja etwas die grafische Gestaltung von Broom Service, insbesondere die Grenzkennzeichnung auf dem Spielplan. Wie seht Ihr das? Alex: Das ist immer Geschmackssache. Will man es schön oder übersichtlich haben? Beim ersten Spiel oft lieber übersichtlich, wenn man das Spiel aber kennt doch lieber schön. Natürlich hätte man die Grenzen dick und schwarz machen können, schaut aber eben nicht so toll aus. Das Wichtigste an Grafik war mir die Eindeutigkeit. Die ist 100% gegeben, sofern man in der Anleitung nicht überliest, dass die Basis des Turmes entscheidend ist. Die unterschiedlichen Regionen sind ziemlich knallig gehalten, dadurch sieht man sofort um welche Landschaftsart es sich handelt. Auch das gefällt nicht jedem, ist aber übersichtlich. Andi: Ich weiss nicht, wo ich das erste mal gelesen habe, der Spielplan sei knallig. Solche Klischees setzen sich in den Köpfen fest, auch bei uns. Aber eigentlich finde ich das Wort unpassend. Warhol und Lichtenstein malen knallig. Dutrait malt in kräftigen Farben. Das ist aber ganz gut so. Stell dir vor, der Spielplan wäre eine ineinander fliessende Nebellandschaft von Turner. Da würden dann auch dicke schwarze Grenzen nur bedingt helfen. Jörg: Wie geht es mit Broom Service weiter? Es gibt ja genug Varianten bzw. Erweiterungen im Grundspiel. Alex: Ich bin durchaus Fan von Erweiterungen. Derzeit ist aber nichts in Planung. Andi: Wie doch drei Tage Zeitversatz die Antwort ändern können. Konkret geplant ist zwar immer noch nichts, aber es gibt schon Gespräche mit dem Verlag. Welche der vielen Denkimpulse wir weiter verfolgen werden hängt aber nicht nur von uns und Stefan Brück ab, sondern auch vom Feedback der Testspieler. Jörg: Welche Vor- und Nachteile gibt es wenn zwei Autoren an einem Spiel arbeiten? Alex: Man arbeitet schneller und die Tests gehen einfacher von der Hand. Wir haben oft zu zweit getestet und großen Spass daran gehabt. Andi: Die Vorteile überwiegen klar. Der grösste Nachteil bei uns beiden ist, dass wir nicht die selben Graphik- und Setzprogramme verwenden, was den Datenabgleich erschwert. Und bei Richtungsentscheidungen gibt es manchmal lange Diskussionen. Aber diese helfen auch, sich über den eigenen Standpunkt klar zu werden, ist also im Grunde ein Vorteil. Jörg: Es ist ja kein Geheimnis mehr, dass von Euch auch in Zukunft weitere Spiele veröffentlicht werden. Könnt Ihr uns hierzu einen Überblick geben. Andi/Alex: Neben Broom Service ist dieser Tage auch Isle of Skye im Handel eingetroffen. Es ist ein Legespiel bei dem jeder Spieler sein eigenes Königreich aufbaut. Dafür gibt es jede Runde Punkte je nachdem wie "schön" es ist. Was schön ist, wird durch 4 Wertungsplättchen definiert, z.B. ein großer See, viele kleine Gebiete, viele Schiffe usw. In jeder Partie liegen andere Wertungsplättchen aus. Der zweite Twist bei Isle of Skye ist, dass jeder die Plättchen aus dem Beutel zieht und einen Verkaufspreis festsetzt. Ist man zu teuer und niemand kauft es, muss man es selbst zu diesem Preis kaufen. Ist man zu billig, freuen sich die Mitspieler! Weiters erscheint von mir im Herbst eine Erweiterung zu Port Royal sowie das Vielspielerspiel Mombasa. Jörg: Was spielt Ihr aktuell gerne an Spiele bzw. findet Ihr überhaupt Zeit dazu? Alex: Ich spiele oft und sehr gerne. Derzeit ist "Auf den Spuren von Marco Polo" mein Lieblingsspiel, sicher schon über 10x gespielt. Aber natürlich versuche ich so oft wie möglich auch meine eigenen Spiele zu testen. Andi: Wir spielen schon wahnsinnig oft gemeinsam bzw. in den selben Spielerunden. Darüber hinaus hat Alex seine Runden, wo sie auch schon mal 4-Stunden-Spiele zocken, was ich lieber auslasse. Ich wiederum spiele auch "ofter in Runden, wo vorwiegend Familien- und Kreativspiele gespielt werden. Ich liebe Dixit, Time's Up und Snake Oil. Jörg: Eine Frage noch zu Broom Service, da die mit Sicherheit einige Spieler interessiert: Für welche Spielerzahl würdet ihr Broom Service empfehlen? Alex: Dank der Nominierung gab es viele Reviews zu Broom Service. Gerade zur idealen Spielerzahl wurde viel unterschiedliches gesagt. Klar ist, dass bei weniger Spielern sich der Aspekt "bin ich mutig oder bin ich feige" ändert. Gerade bei 2 Spielern muss man nur mehr 1 Spieler analysieren und kann auch gezielt Rollen auf die Hand nehmen nur um diesen zu schaden. Generell kann man sagen, dass je weniger Spieler teilnehmen, desto strategischer wird es. Aus meiner Sicht ist Broom Service zu zweit ein sehr schönes Strategiespiel fast ohne Glückselement. Zu fünft ist dagegen der Spaßfaktor am höchsten. Jörg: Vielen Dank für das Interview!
mir werden die letzten Zeichen der Zeile nicht angezeigt. Auf zwei Browsern nicht ... ???
Liebe Grüße
Nils