Testbericht vom 18.03.2008 - von Jörg
Notre Dame
Verlage:
Autoren:
Genres:
- Brettspiel
- Strategiespiel
- Vielspielerspiel
- Wirtschaftsspiel
- Jüngere Vergangenheit
- Berühmte Vorlage
- Renaissance
- Carddrafting
Release:
2007
Anzahl der Spieler:
2 bis 5 Spieler
Spielzeit:
45 - 75 Minuten
Altersfreigabe:
Frei ab 10 Jahre
Durchschnittswertung:
8/10 bei 1 Bewertungen
Wir befinden uns in Paris, der Stadt mit aufsteigendem Bürgertum im späten Mittelalter. Inmitten weltlicher Herrschaftsansprüche steht die erst vor wenigen Jahren fertig gestellte Notre Dame (im Jahre 1345). Zusätzlich belastet die Kirche, die ihren Einfluss geltend machen will, die Menschen mit Abgaben, die sie zu leisten haben. Jeder Spieler übernimmt die Herrschaft über ein Stadtviertel rund um die Notre Dame, welches er zu Wohlstand und Ansehen führen will oder besser gesagt soll. Hier gibt es viele Entscheidungen zu treffen. Was ist, wenn sich der Maître (der einflussreichste Bürger des Viertels) verkalkuliert, und den Bewohnern einer Seuche in Form einer Rattenplage droht? So gilt immer abzuwägen zwischen der Gier um Wohlstand und Ansehen und der Gesundheit des Viertels. Ab und an kann auch hier eine Bestechung der richtigen Personen den gewünschten Effekt oder die benötigte Unterstützung erzielen. Doch vor lauter Gier nach Prestige droht die Gefahr der Vernachlässigung seines Viertels und der Verlust seines ganzen Hab und Gut.
Ziel des Spiels:
Sieger des Spieles, wie sollte es anders sein, wird der Spieler mit den meisten Prestigepunkten. Bei Gleichstand entscheiden Geld und Einflusssteine über den Sieger von Notre Dame.
Spielaufbau:
Der Spielplan wird aufgebaut und das Spiel beginnt! Nein, so einfach ist es hier nicht. Der Spielplan variiert bei 2 bzw. 3 Spielern, bei 4 und bei 5 Spielern! Doch was heißt das? Nun, dem Spiel sind 3 Notre-Dame-Kärtchen beigefügt, die je nach Spieleranzahl den Aufbau des Spielplans vorschreiben. Doch welches Kärtchen für wie viele Spieler? Entweder folgt man der Bildbeschreibung in der Anleitung, oder schaut auf die Spielerzahl auf der Karte, anhand von Figuren dargestellt. Klasse Idee, endlich auch einmal ein Spielplan für 2 oder 3 Spieler, auf dem nicht aufgrund der geringen Spieleranzahl Teilbereichen verdeckt oder graue Felder ignoriert werden müssen. Das Stadtviertel eines Spielers wird anschließend an die Notre-Dame-Karte gelegt. Jedes Stadtviertel hat die gleiche Aufteilung und es ist nicht spielentscheidend, an welche Stelle es angelegt wird. So hat jeder Spieler die gleiche Ausgangslage. Nicht benötigte Stadtviertel und die restlichen beiden Notre-Dame-Karten verbleiben in der Spielschachtel. Anfangs ist diese Aufbau ungewöhnlich und man schaut in die Anleitung, wie es aussehen soll. Aber schon nach ein paar Partien geht der Aufbau schon von ganz alleine.
Nachdem man diese Hürde überwunden hat, werden die Prestigepunkte und das Geld als Vorrat bereitgelegt. Richtig gehört! Hier gibt es keine Punkteleiste für das Prestige. Wie auch bei anderen Spielen (z.B. Puerto Rico) erhalten die Spieler gewonnen Punkte als Prestige in Form von 1er, 3er, 5er oder 10er Plättchen. Es bleibt den Spielern überlassen, diese verdeckt oder gestapelt vor sich liegen zu lassen.
Denn wer zählt schon ständig die Prestigepunkte seiner Mitspieler? Jeder Spieler erhält anschließend einen Vertrauten, eine Kutsche, 4 Einflusssteine, 4 Botschaften, 9 Aktionskarten, 3 Geldmünzen und einen Rattenstein. Keine Angst, so schwer ist das nicht. Auch hier genügt ein Blick auf das schöne Bild in der Anleitung. Beim Aufbau oder besser gesagt, beim Legen der Aktionskarten gibt es einige Besonderheiten. Jeder Spieler erhält die Aktionskarten seiner Farbe auf der Rückseite.
Diese 9 Karten werden gemischt und dann als Stapel vor sich ausgelegt. Vom diesem Stapel werden drei Karten auf die Hand genommen. „Das war einfach!“, aber es fehlen ja noch die Personenkarten. Es gibt 9 Personenkarten mit Buchstaben (3 x A, 3 x B, 3 x C). Diese werden in der Reihenfolge (A, B, C) als verdeckter Stapel zur Seite gelegt. Die erste Karte (Buchstabe A) wird aufgedeckt und neben den Spielplan offen ausgelegt. Von den 6 Personenkarten ohne Buchstabe werden verdeckt die obersten zwei Karten aufgedeckt und zur bereits aufgedeckten A-Karte gelegt. Anschließend erhält der Startspieler den Glöckner (kleine Spielfigur).
Das Spiel läuft in 9 Runden ab.
Die Runden gliedern sich in je 3 Spielrunden (z.B. A1, A2, A3) die in unterschiedliche Phasen aufgeteilt sind.
Phase 1: Personenkarten auslegen
Phase 2: Aktionskarten auswählen
Phase 3: Aktionskarten ausspielen
Phase 4: Eine Person bestechen
Phase 5: Seuchenwert ermitteln
Die 9 Personenkarten (A, B, C) werden somit alle im Verlauf jeder Runde ausgespielt (Runde A1, A2, A3). „Aber es gibt doch nur 6 Personenkarten ohne Buchstabe?“ Stimmt! Denn nach der Runde A3 werden diese 6 Karten wieder gemischt und zwei neue Karten ausgelegt. Was jedoch anschließend mit Phase 2 und 3 folgt ist nicht ganz so einfach. Warum? Die Karten sind zwar sehr schön mit Symbolen gekennzeichnet, doch anfangs ist es sicherlich ratsam, die Beschreibung der einzelnen Karten in der Anleitung nachzulesen. Gerade bei den Karten „Park“ und „Hospital“ gibt es wichtige Unterscheidungen in Bezug auf die Rattenplage. In dieser zweiten Phase nimmt man 3 Karten vom eigenen Stapel auf. Davon behält man eine Karte und gibt zwei seiner Karten an seinen linken Nachbarn weiter. Von seinem rechten Nachbarn erhält man zwei Karten. Von diesen zwei Karten muss sich nun wieder der Spieler entscheiden, welche er behält und welche er weiter reicht. Wieder erhält der Spieler eine letzte Karte von seinem rechten Nachbarn. Nun besitzt der Spieler eine eigene Karte, eine Karte seines rechten Nachbarn und eine von dem Spieler, der zwei Plätze rechts von ihm sitzt. Das klingt vielleicht etwas verwirrend aber nach 2-3 Runden ist der Ablauf klar. Versprochen!
Hier steckt man doch häufiger in der Zwickmühle, welche Karten weitergegeben werden und welche man selbst ausspielen möchte. Schließlich dürfen nur zwei der drei Karten ausgespielt werden! Die dritte Karte wird verdeckt beiseite gelegt. Es sollte hierbei beachtet werden, welche Karten die Mitspieler in Vorrunden bereits ausgespielt haben. Die Aktionskarten sind, außer der Karte „Vertrauter“, auf dem Spielplan abgebildet. Das erleichtert etwas den Einstieg in die Runde. Die Leser dieses Tests möchten wir jedoch nicht mit der Erklärung jeder einzelnen Karte langweilen. In der Anleitung sind die Karten mit Beispiel beschrieben. Zusätzlich ist zu jeder Karte eine Kurzerklärung (für einen späteren Wiedereinstieg) beigefügt. Besser kann man es nicht machen. Knackpunkt im Spiel ist die Karte für die Notre Dame, die eine entscheidende Rolle im Spiel sein kann und oft über Sieg und Niederlage entscheidet. Denn gerade dort erhalten die Spieler wichtige und ggf. viele Prestigepunkte. Die nun folgende Phase 4 macht anfangs wieder einen Blick in die Anleitung notwendig, da nicht für jede Personenkarte die Symbolik auf der Karte nachvollziehbar ist. Das wäre auch sehr verwirrend und würde die Karte nur überlasten. Die insgesamt 15 verschiedenen Personen werden in einem separaten Regelblatt erklärt. Um diese Regelblatt nicht reihum weiterzugeben, besteht die Möglichkeit auf der Verlagsseite von alea für jeden Spieler eine solche Übersicht auszudrucken. Sicherlich hätte man die Übersicht mehrfach dem Spiel beifügen können. Alternativ kann ein Spieler auch kurz nach dem Aufdecken der Karten kurz erklären, was diese aussagen. Aber nach einigen Runden ist jedem Spieler die Aussage der Karten bekannt. Doch zurück zu Phase 4. Was einige Spieler hier falsch verstehen, ist doch eigentlich ganz einfach. Mithilfe einer Münze aus dem eigenen Vorrat (sofern man eine hat) darf eine der drei Personen bestochen werden. Dazu nimmt man sich aber nicht diese Karte, sondern deutet nur darauf, und führt die entsprechende Aktion aus. Es dürfen auch alle Spieler dieselbe Person bestechen. Wie wichtig es ist, die Anleitung genau zu lesen, macht das Wörtchen „möchte“ nicht „muss“ in der Regel deutlich. Also, kein Zugzwang! Jetzt fehlt nur noch die letzte der fünf Phasen: Die Ermittlung des Seuchenwertes. Hierfür benötigt das Regelwerk allein fast eine Seite um diesen Sachverhalt zu erklären. Doch anhand von zwei Beispielen sollte jedem Spieler klar sein, wie die Ratten auf „seinem“ Spielplan und auf den Personenkarten zählen, um das Ergebnis zu ermitteln. Spieler die es nicht schaffen die Rattenplage zu bekämpfen, müssen mit den Konsequenzen in Form von Prestigeverlusten (insgesamt 2) und der Abgabe eines Einflusssteines leben. Wer anschließend denkt, dass das Leben rund um die Notre Dame nun einfacher ist, der hat sich getäuscht. Der Rattenstein verbleibt auf dem letzten Feld 9 und somit kann es schon in der nächsten Runde wieder eine Seuche geben, sofern der Spieler nichts dagegen unternimmt. Denn so einfach ist das Leben in Paris nun auch wieder nicht. Tja, und wer nun denkt, das waren alle Phasen, sei noch eines besseren belehrt. Nach jeder dritten Runde, also A3, B3 und C3 werden die Einflusssteine auf der Notre Dame abgerechnet. Auch hier sei angemerkt, dass die Einflusssteine nicht zurück in den Spielervorrat sondern in den „allgemeinen“ Vorrat gelegt werden.
Strategie:
Wer Alea-Spiele kauft und spielt, sollte wissen, was sich dahinter verbirgt. Den in 90% aller Fälle oder besser gesagt Spiele, verstecken sich sehr strategische, und nicht immer ganz einfache Spiele um nur einige Beispiele wie „Die Fürsten von Florenz“ oder „Augsburg 1520“ zu nennen. Auch bei Notre Dame kann man sicherlich nicht von einem Familienspiel für Zwischendurch sprechen. Das Spiel hat es in sich, und damit meine ich nicht den Spielaufbau oder –ablauf. Spätestens nach zwei Runden hat jeder das Spiel verstanden und da muss man kein Vielspieler sein! Die Kombination von Geld, Einflusssteinen und Rattenplage sind der Knackpunkt im Spiel und diese Kombination wurde genial und meisterlich umgesetzt und stellt jeden Spieler vor eine Herausforderung. Wer hier richtig plant, wobei etwas Glück sicherlich hinzukommt, kann das Spielgeschehen schnell für sich entscheiden. Doch zu viel Risiko führt dazu, dass durch Rattenplagen erhaltene Prestigepunkte schnell flöten gehen (d.h. zurück in den allgemeinen Vorrat). Notre Dame ist für uns Spieletester fast in einem Atemzug mit Puerto Rico oder Caylus zu nennen. Solche Aussagen sind schon fast sträflich, aber nicht unbegründet! Diese anfangs schwere Kost führte dazu, dass bei vielen Spielrunden auch Wenigspieler Gefallen an diesem Spiel finden.
Interaktion:
Da jeder Spieler oder besser gesagt Maître, um die Worte des Autors zu verwenden, doch sehr oft mit seinen eigenen Karten beschäftigt ist, kommt eine Diskussion untereinander sehr selten zustande. Jeder Spieler ist mit seinem eigenen Vorhaben beschäftigt. Doch bei einigen Spielrunden mit Vielspielern fällt auf, dass andere Spieler sehr oft auch fremde Stadtviertel betrachten, um die Strategie des Spielers oder besser gesagt seine Vorlieben für bestimmte Viertel herauszubekommen. Das heißt aber nicht, dass keiner miteinander spricht. Gerade in den Endrunden A3 und B3 wird von den Spielern ein Zwischenfazit gezogen, wo sehr oft die Spieler ihren Frust oder auch ihr Glücksgefühl äußern: „Verdammt, noch eine Ratte und ich verliere wieder Prestigepunkte und einen Einflussstein“. Doch ein Spiel geht über 9 Runden, nicht über 3 oder 6. Somit sollten Glücksgefühle erst am Ende der 9. Runde geäußert werden.
Glück:
Wenn Karten im Spiel sind und gemischt werden ist immer etwas Glück dabei. Aber auch dieses Glück lässt sich beeinflussen. Nach mehrmaligen Spielen wird man sich trotz Kartenglück oder -pech schnell einige Strategiemöglichkeiten zurechtlegen. Und das unabhängig von den gezogenen Karten. Schließlich erscheint jede Karte im Verlauf des Spieles, nur wann weiß keiner. Das Glück lässt sich somit etwas steuern.
Packungsinhalt:
Dem Illustrator Harald Lieske ist es gelungen, eine sehr schöne Grafik hervorzuzaubern, die man nicht besser hätte machen können. Sowohl Karten, Figuren und Stadtviertel passen sowohl grafisch als auch vom Material bestens zum Thema Notre Dame. Wobei die Kutsche nur mit viel Phantasie zuzuordnen ist. O-Ton einer Spielrunde: „Wo stelle ich jetzt das Auto hin“. Auch mit der Start-Spielfigur Glöckner haben sich Illustrator und Verlag Mühe gegeben. Mit einem Starspielerkärtchen hätte man sicherlich etwas den Überblick verloren. Die Spielschachtel mit vielen Vertiefungen und ggf. beigefügten Zipp-Tüten erleichtern den Aufbau oder Abbau des Spieles. Jeder Karte und Figur hat seinen Platz und auch die Spielplanteile passen dank einer kleineren Vertiefung perfekt in die Spielschachtel. Die Spielanleitung ist zwar sehr umfangreich, jedoch ist sie klar strukturiert und gut verständlich. Es bleiben eigentlich keine Fragen offen. Auf der Homepage sind die Spielanleitungen auch in anderen Sprachen verfügbar und da auf Karten und Spielplan Symbole abgebildet sind, lässt sich Notre Dame auch in diesen Ländern prima spielen. Hier hat der Verlag Alea / Ravensburger an alles gedacht.
Spaß:
Über Spaß lässt sich bekanntlich streiten und auch hier gehen die Meinungen auseinander. Einige Spieler hätten sich mehr Interaktionen gewünscht, andere Spieler waren glücklich sich mit seinem Viertel zu beschäftigen. Und unsere Meinung? Der Spielspaß ist immer noch vorhanden, da auch zu zweit (trotz kleiner Änderungen) das Spiel sehr gut umgesetzt ist. Es gibt wenig Spiele, die zu zweit oder mit bis zu fünf Spielern gut umgesetzt sind. Da der Spielplan je nach Spieleranzahl variiert und somit auch die Notre Dame Wertung abhängig von der Spieleranzahl unterschiedliche Auswirkungen hat, ist der Spielspaß sehr hoch.
Jörgs Meinung:
Dem Autor Stefan Feld ist ein Meisterwerk gelungen, oder wie es der Verlag beschreibt: „…eine fruchtbare Zusammenarbeit“, denn der Verlag weiß, was er an seinem Autor hat. Denn dies ist nicht sein erstes Spiel bei alea. Wer strategische Spiele à la Puerto Rico oder Caylus liebt, wird an diesem Spiel nicht vorbeikommen. Es gibt kaum Verbesserungsvorschläge und alle Spielabläufe sind ohne Mängel und Fragen in der Anleitung umgesetzt. Und das auf Anhieb! Ob sich allerdings Wenigspieler an Notre Dame wagen, ist fraglich, eine Empfehlung möchten wir jedoch hiermit ausdrücklich aussprechen. Notre Dame ist kein Kinderspiel sondern für Spieler gedacht, die sich etwas anspruchsvoller Spiele wünsche. Stefan Feld als Autor dieses Spieles ist dies gelungen.
Silke und Jörg Köninger für cliquenabend.de
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GESAMT-
WERTUNG:
8/10
Meisterlich vollendetes Strategiewerk
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Erklärung zur Wertung: |
1-2 Ungenügend,
3 Mangelhaft,
4 Nicht lohnenswert,
5 Durchschnittsspiel, 6-7 Reizvoll, 8 Sehr gut, 9 Besonders Lohnenswert, 10 Topspiel |
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