Der Mörder ist immer der Gärtner…
… doch hier gilt es nicht herauszufinden welcher Mönch ein Blumenfreund ist, sondern Fakten auf den Tisch zu legen. Das Geheimnis der Abtei aus dem Hause Days of Wonder ist ein Titel für alle Krimifans und Hobbyschnüffler. In der sonst so friedlichen Idylle des Klosters ist ein grausiger Mord geschehen, den es nun aufzudecken gilt. Durch knifflige Fragenstellungen kommen die Spieler nach und nach dem Täter auf die Spur, doch den Segen des Herrn wird nur dem Oberdetektiv gewährt. Wir haben uns das spannende Thema angeschaut und verraten euch ob uns ein zweitklassiger Cluedo-Klon vorliegt, oder wir es mit einem gesegneten Ermittlungsknüller zu tun bekommen.
Beim ersten Öffnen der Schachtel fällt sofort auf, dass es sich um ein sehr hochwertiges Produkt handelt. Alle Spielfiguren, Kärtchen, Würfel und das Messeglöckchen haben einen speziellen Platz und nichts fliegt lose in der Gegend herum. In der aktuellen Auflage, dem Nachdruck des Spiels aus dem Jahre 2003 liegen auch die zusätzlichen Karten der Erweitung bei. Die Gestaltung des Spiels weiß zu gefallen und sorgt für einen positiven Ersteindruck, doch Design ist nicht alles und so stürzen wir uns nun direkt in den gottesfürchtigen Kriminalfall. Insgesamt 25 Klosterbrüder bewohnen die einst so friedliche Abtei, doch einer unter ihnen wurde hinterhältig von der Klippe gestürzt. So stehen nach Adam Riese noch 24 Mönche unter verdacht sich der Tat der Lebensberaubung schuldig gemacht zu haben und drei bis sechs Spürhund-Spieler machen sich nun daran, den mysteriösen Fall zu lösen.
In dubio pro reo.
Wer mit seinem Latein noch nicht am Ende ist, wird sich auf dem Spielbrett schnell zurecht finden, denn die Raumaufdrucke des Spielbretts sind in der Sprache der alten Römer und Abteibewohner verfasst. Lateinverweigerer oder Sprachdilettanten werden sich natürlich freuen, dass die Notizbücher der Schnüffler mit den entsprechenden Übersetzungen und andern netten Informationen bestückt sind. Denn in dieses “Büchlein“ legt jeder Spieler seine Liste der Verdächtigen hinein, die alle Abteibewohner abbildet und die das größte Hilfsmittel aller Ermittler darstellt.
Jeweils acht der vierundzwanzig Mönche sind Mitglieder drei verschiedener Orden und zudem unterscheiden sie sich in Rang und Aussehen. So gibt es je zwei Äbte, drei Brüder sowie drei Novizen des Templerordens, des Franziskanerordens und des Benediktinerordens und diese sind entweder Bartträger oder rasiert, dick oder dünn, sowie Kapuzenträger oder offenherzige Glatzenpräsentierter. Genaue jene Unterscheidungen sind es, die in den Ermittlungen genutzt werden können, um Fragen zu stellen, die den eigentlichen Spielern beim Mordfall weiterhelfen, aber die Kontrahenten im Dunklen tappen lassen. Ziel des Spiels ist es nämlich durch geschickte Kombination und Fragestellungen seiner Schnüffelrivalen, einen eigenen Vorteil zu erzielen und möglichst viele Informationen zu ergattern, ohne dabei diese nützlichen Hinweise weiterzugeben.
Vor dem Spielbeginn bekommt jeder Mitspieler eine gewisse Anzahl an Verdächtigenkarten in die Hand gedrückt und einige wenige befinden sich im Sprechzimmer, nur der Mörder wird unter dem Spielbrett geparkt. Sprich die 23 Verdächtigen können im Laufe des Spiels alle ausgeschlossen werden, da man diese durch ein Rotationsverfahren nach und nach zu Gesicht bekommt. Doch bevor die Ermittlungen gestartet werden können, müssen sich die Spieler auf dem Brett bewegen, denn hier gibt es jede Menge nützlicher Räume, die weitere Informationen und eventuell nützliche Sonderkarten mit speziellen Eigenschaften beherbergen.
So kann man beispielsweise in die persönlichen Kammern der Mitspieler wandern, um ihm eine der Verdächtigenkarten aus der Hand zu klauen. Ähnliches gilt auch am Beichtstuhl, wer hier seine Sünden oder Bedenklichen ausplaudert, wird schnell selbst zum Opfer werden können. Immer wenn eine Spielfigur auf den Beichtstuhl wandert, kann er eine Handkarte eines Mitspielers ziehen. Ein Würfel mit den Spielerfarben zeigt an, von wem gemopst werden kann. Während bei Beginn der Recherchen noch der Zufall entscheidet, dreht sich nun der Würfel immer auf die eigene Spielerfarbe, sollte man den Ort der Sündenbekenntnis als Informationsquelle nutzen. Sprich wer zur Beichte rennt bekommt zwar kurzfristig einen neuen Hinweis, kann aber im Gegenzug auch als Opfer für nächste Kartendiebstähle in Betracht kommen. Ein zweischneidiges Schwert.
Zusätzlich kann man die fehlenden Verdächtigen noch im Sprechzimmer aufgabeln, denn sobald ein Spieler diesen Raum betritt und noch Karten vorliegen, darf er die oberste vom Ministapel ziehen. Der Nachteil am Kartenklau, ist jedoch, dass der mächtigste Raum die Bibliothek ist. Bücherwürmer werden schnell auf neue Ideen kommen und besondere Hinweise zum Mordakt erfahren können. Doch der heilige Büchersaal kann nur einmal im ganzen Spiel betreten werden und auch nur dann, wenn ein Spieler die wenigsten Verdächtigenkarten auf der Hand hat. Mit der richtigen Strategie und ein wenig Glück, schafft man es diesen Raum zu betreten und krallt sich eine der begehrten Sonderkarten. Mit Hilfe dieser Fähigkeiten kann man schnell seine Spieler aushorchen, kurze Zeit lahm legen oder einen tiefen Einblick in die bisher gesammelten Informationen anderer bekommen. So kann es passieren, dass ein zögernder Detektiv binnen kürzester Zeit eine Menge Hinweise ergattern kann.
Weitere Sonderkarten erhält man im Schreibzimmer und der Krypta. Während man im Grabgewölbe Bewegungskärtchen erhält, die nach einem Zug einen weiteren ermöglichen, ist die Auswahl im Schreibzimmer weitaus größer. Hier kann man allerhand nützliche Karten bekommen, wie das Tauschen eigener mit fremden Verdächtigen, das Spitzeln in die Handkarten der Mitspieler, etc.
Der Spielablauf geht also wie folgt von Statten: Der Startspieler wird ermittelt und bekommt das Messeglöckchen und die aktuelle Messekarte, Dabei befinden sich die Detektive in der Kapelle und können nun nach und nach ein oder zwei Felder wandern und auf Erkundungstour gehen. Sollte ein Spieler auf dem gleichen Feld stehen, wie ein Kontrahent, geht die lustige Fragerei los. Dabei gibt es bei der Fragestellung kaum ein Limit, denn nur Namen dürfen nicht verraten werden, doch alles andere kann in jeder Kombination erfragt werden. „Wie viele Templer mit Bärten hast du auf der Hand?“, „Kannst du Abt Sergio ausschließen?“ , „Wie viele bäuchige Benediktiner-Brüder mit Bärten hast du derzeit auf der Hand?“. Geschicktes Kombinieren ist also gefragt und jeder muss für sich seine eigene Strategie finden, damit er Informationen ergattern kann, aber die Mitspieler dadurch nicht bereichert werden. Doch wer eine Frage stellt und eine Antwort erhält, wird auch für eine Gegenfrage gewappnet sein müssen. Wenn sein Gegenüber jedoch die Aussage verweigern möchte, ist dies jederzeit durch ein Schweigegelübde möglich, dann darf aber auch keine Gegenfrage gestellt werden. Wurde aber die Frage beantwortet muss auch die Gegenfrage immer beantwortet werden, hier gibt es kein Drumherum. Das Geheimnis der Abtei ist keines Wegs ein Spiel, bei dem man sofort alle Tricks und Kniffe erlernen kann, hier ist üben angesagt. Die Kombination aus Fragen und Ereigniskarten kann schnell zu nützlichen Hinweisen führen und diese sind der Schlüssel zum Erfolg.
Hat jeder Spieler sich bewegt und der Startspieler ist wieder an der Reihe, wird das Messeglöckchen weitergesetzt auf das nächste Feld. Wandert es von Feld 3 auf Feld 4 so wird zur Messe geläutet und jeder Detektiv kann nur noch ein oder zwei Räume durchsuchen bevor sich alle erneut in der Kapelle sammeln. Nun werden reihum Verdächtigenkarten an den Nachbarn weitergegeben, in der Anzahl, die die Messekarte bestimmt. Zudem darf der Startspieler eine Ereigniskarte ziehen, deren Effekte oftmals augenblicklich eintreten. So kann es passieren, dass ein weiteres Mordopfer gefunden wurde und eine zusätzliche Leiche präsentiert wird, Karten verloren gehen oder andere positive oder auch negative Aspekte in Kraft treten und das Spielgleichgewicht durcheinander rütteln. Sollte man das Einläuten der Messe als Startspieler vergessen, so muss man Buße tun, eine Runde aussetzen und um Gottes Gnaden flehen.
Veni, vidi, vici.
Hat man eine gewisse Anzahl an Informationen erhalten, so kann der Kapitelsaal betreten werden. Jetzt muss man mit Anschuldigungen oder Enthüllungen nicht mehr hinter den Zaun halten. Anders als Bei Cluedo können hier auch einzelne Attribute des Mörders angekreidet werden. So ergattert sich der gewitzte Spieler schnell Sonderpunkte. Wenn man weiß, dass der Delinquent ein Bartträger ist, so kann man dies öffentlich zur Schau stellen und bekommt zwei Punkte. Für jedes richtige erratene Attribut, erhält man zwei Siegpunkte, für jedes falsche werden Minuspunkte angekreidet. Derjenige, der den Täter entlarvt erhält sogar vier Siegpunkte und bei Punktegleichstand den Siegerbonus. Manchmal ist es also Sinnvoll auch nur zu Raten, denn bei einer 50:50-Chance kann es schnell geschehen, dass man Punkte bekommt und sogar noch seine Gegner verwirrt.
Strategie:
Die Mischung macht´s! Jeder Spieler muss selbst herausfinden, welche Räume er am geschicktesten besuchen sollte und welche Fragestellungen weiterhelfen. Denn oftmals kann man nach der ersten Runde nur mittels der vorhandenen Handkarten Verdächtige verifizieren, ohne das man wertvolle Informationen ausplaudert. Sobald ein gewisse Rotation von statten ging, muss die Taktik geändert werden und neue Mittel zur Recherche herangezogen werden. Hat man das Geheimnis der Abtei ein paar Male gespielt findet man seine Linie und die Schnüffelfreunde bekommen Routine. Wahrheitsgemäße Antworten sind Pflicht, denn sollten Fehler passieren, kann das ganze Spiel den Bach runtergehen, wenn beispielsweise ein Verdächtiger zuviel vom Notizblock gestrichen wurde.
Interaktion:
Hier funktioniert nichts ohne die Mitspieler. Fragen werden gestellt, Karten getauscht, Nettigkeiten ausgeheckt, Verwirrung gestiftet, etc. Viel mehr Interaktion und Kommunikation kann es in einem normalen Brettspiel fast nicht geben. Dennoch muss man versuchen Geheimnisse zu wahren und nicht zuviel auszuplaudern.
Glück:
Mit den richtigen Ereigniskarten kann man das Blatt oftmals wenden und kurz vor Knapp den Sieg erringen. Doch beim Ziehen der Karten muss einem wie immer Fortuna hold sein und auch bei der Fragestellung kann es passieren, dass man per Zufall eine Informationen aufgabelt, die persönlich sehr wertvoll ist.
Packungsinhalt:
Days of Wonder macht so schnell keiner was vor, wenn es um die Detailverliebtheit von Spielbrettern geht. Alles hat seinen festen Platz und ist ordentlich in der Packung verstaut. Die Zeichnungen und Figuren sind liebevoll gestaltet, ansehnlich und tragen ihren Beitrag zum positiven Gesamteindruck bei. Auch bei der Anleitung kann ein Lob ausgesprochen werden, denn obgleich das Spielprinzip sehr komplex und verstrickt ist, hat man das es schnell verstanden und kann direkt loslegen. In diesem Sektor können ordentlich Pluspunkte gesammelt werden.
Spaß: