Wikinger
Autoren:
Verlag/Autoren/Illustratoren:
Genres:
Spielmechaniken:
Release:
2007
Anzahl der Spieler:
2 bis 4 Spieler
Spielzeit:
45-90 Minuten
Altersfreigabe:
Frei ab 10 Jahre
Durchschnittswertung:
8/10 bei 1 Bewertungen
Die Sagen und Legenden um die Nordmänner aus Skandinavien und der germanischen Mythologie sind schier unzählbar. Dabei werden Wikinger oft als wütende Seeräuber mit gehörnten Helmen dargestellt, die von aller Welt gefürchtet wurden. Hollywood, so manche Schriften und selbst die niedliche Comicfigur Hägar haben sicherlich ihren Teil beigetragen, dieses Bild aufrecht zu erhalten, doch Fakt ist, dass gerade der Hörnerhelm ein populärer Irrtum der Neuzeit ist. Warum sollte ein Verteidigungsobjekt mit Zierrat bestückt werden, wenn dieser der eigentlichen Schutzfunktion entgegenwirkt? Allein zu diesem Thema würden sich ganze Bücher füllen lassen, doch selbst die Skandinavier sehen dies gelassen und schmücken ihre Häupter mit Gehörn, wenn es bei sportlichen Ereignissen um etwas Großes geht und die eigene Mannschaft angefeuert wird. Und wer nimmt es ihnen übel? Denn es geht um den Spaß dahinter und nicht, um die Tatsache geschichtlich korrekt durch die Welt zu stapfen. Der Wikingermythos hält zumindest genügend Potential bereit fantastische Geschichten über Thor und Odin zu erzählen oder die Basis eines aktuellen Brettspiels darzustellen. Dies hat sich auch Hans im Glück gedacht und feiert mit „Wikinger“, dem Solowerk des Autoren Michael Kiesling, das Revival der Nordmänner. Kurzerhand wurden den Carcassonne-Figürchen die Hörner aufgesetzt und so begeben sie sich tapfer auf die gefährliche Fahrt mit dem Drachenschiff. Auch wir haben unser Trinkgeweih angeschnallt und berichten von unseren Erfahrungen mit den Warägern. Nach einem ersten Blick in die Schachtel kommt der erste große Überraschungseffekt, denn neben den üblichen Papp-Ausstanzarbeiten heißt es nun eine mit Zahlen bestückte Drehschreibe auf das Spielbrett zu montieren. Zwar stellt dies kein Hindernis dar, lässt den geneigten Spieler jedoch umso schneller einen Blick in die Anleitung werfen, um den Sinn und Zweck dahinter zu ergründen. Damit Dagr, der nordische Gott des Tages auch Euch erhellen kann, wollen wir nun ein wenig auf die Spielregeln eingehen. Wikinger ist unterteilt in insgesamt sechs Spielrunden, wobei am Ende jeder Runde, abwechselnd eine große und eine kleine Wertung stattfinden. Während man bei einer kleinen Wertung „nur“ fleißig Gold scheffelt, werden bei der großen Wertung zusätzlich die Siegpunkte gehamstert. Der Spieler, der auf der Siegesleiste am weitesten vorgelaufen ist, wird am Ende der Oberwikinger sein. Doch wie kommt man an diese begehrten Ruhmespunkte? Die Wikingerwelt ist unterteilt in Festland sowie Inselstücke. Jeder Spieler beginnt mit einem Winkel, dass ein Stückchen Land repräsentiert und ein Anfangsstück einer Insel als Startplättchen. Ziel des Spiels ist es diese Inseln weiter auszubauen und auf den jeweilig hinzugewonnen Ländereien Wikingerfigürchen zu platzieren. Doch es handelt sich dabei nicht um ein einfaches Lege-und-Setz-Spiel, sondern die Spieler müssen genau planen, welche Inselstücke bei Versteigerungen erworben und welche Personengruppen drauf hausen sollen. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Wikingertypen: Die Kämpfer, die Adligen, die Späher, die Goldschmiede, die Fischer und die Bootsmänner. Jede dieser farbigen Figuren erfüllt eine spezielle Aufgabe, die nur dann zum Tragen kommt, wenn dieser Nordmann auch in der richtigen Reihe des Winkelplättchen angelegt wurde. So kann beispielsweise der Kämpfer ein angreifendes Wikingerschiff abwehren, um andere Wikinger zu schützen und als Belohnung Siegpunkte oder wertvolles Gold einzusacken. Die Adeligen bringen dem Spieler bei jeder großen Wertung Ruhm ein. Die Späher sorgen dafür, dass sowohl Goldschmiede und Fischer, die vertikal unter den Auskundschaftern angelegt sind, später für einen Fortschritt auf der Siegesleiste sorgen. Die Goldschmiede scheffeln reichlich Geld und die Fischer vorsorgen die hungrigen Waräger, damit diese nach der Endwertung nicht verhungern. Was sich wie ein komplexes Prinzip anhört, ist schon binnen kürzester Zeit in Fleisch und Blut übergegangen und sowohl Gelegenheitsspieler als auch Vielspieler haben schnell den richtigen Dreh raus. A pro pos „richtiger Dreh“: Wurde nicht beim ersten Blick in die Schachtel ein Drehrad erwähnt? Richtig, denn dieses Spielelement sorgt für den richtigen Kniff. Begonnen wird mit einem gewissen Startkapital, zehn Grund-Siegpunkten und mit dem Wissen in der Hinterhand, dass Siegpunkte 1-zu-1 in Gold umgetauscht werden können, aber nicht andersrum. Jede Spielrunde beginnt mit zahlreichen Einkäufen, wobei Ländereien erworben werden und es als Bonus obendrein einen hölzernen Wikinger gibt. Unterschieden wird zwischen vier verschiedenen Plättchentypen. Den Inselanfangsstücken, den Zwischenteilen, den Endstücken und den Wikingerschiffen. Je nachdem welche Insel beim Kaufen erworben wird, gibt es auch einen farbigen Nordmann dazu. Im günstigsten Falle, kann dieser gleich an das entsprechende Inselstück angelegt werden und zählt bei der nächsten Wertung mit. Im ungünstigen Fall wird das Inselstück an eine passende Stelle angelegt und der Helmträger muss zunächst auf dem Festland einen Zwischenstop einlegen. Erst im späteren Verlauf können Bootsmänner die faulen Festlandhocker zu unbesetzten Inseln schiffen. Doch was passiert, wenn das Geld knapp wird? Auf der Drehscheibe sind Zahlen von 0 – 11 abgedruckt, die den jeweiligen Goldwert des Inselplättchens repräsentieren. Sollte ein Spieler nicht das nötige Kleingeld haben, um ein Plättchen zu erwerben, so kann er aussuchen ob er Siegpunkte opfert und deren Verlust in Kauf nimmt, oder ob dieser das kostenlose Plättchen wählt. Dieser Schritt kann Vor- oder Nachteile mit sich bringen, denn sollte das kostenlose Erdstück genommen werden, so wird der Nullwert der Drehschreibe bis an das nächst anliegende Inselstück weitergedreht und der Kostenfaktor wird komplett auf den Kopf gestellt. So kann es geschickt sein, sein ganzes Geld in der vorherigen Runde auszugeben, um später an ein kostenloses Plättchen heranzukommen. Doch es muss dabei bedacht werden, dass Geldnot auch immer einen gewissen Entscheidungszwang mit sich bringt und die Wahlfreiheit beim Ländereienkauf enorm einschränkt. Dahinter steckt eine simple Mechanik mit großer Wirkung und enormen taktischen Tiefgang. Nach und nach werden neue Erdteile angelegt und so entsteht eine florierende Insellandschaft mit zahlreichen Einwohnern, die ihre Funktion erfüllen sollen. Während die meisten Wikinger selbst für Punkte sorgen, können zum Beispiel nicht abgewehrte Schiffe einen enormen Malus bringen. Denn ohne tapfere Krieger in der Hinterhand, werden diese Wasserfuhrwerke schnell zum Alptraum. Nur wer genau plant und es schafft sowohl Inselstücke als auch die entsprechenden Bewohner passend unterzubekommen, hat eine Chance auf den Sieg. Auch die kleinen Fischer sollte man nicht unterschätzen. Bringen sie auch während der ganzen Zeit keine Boni, außer durch die Sonderfähigkeiten eines Spähers oder ein Sonderplättchen aus der Variante für Fortgeschrittene, aber dazu später mehr, können sie doch am Ende des Spiels bei zu geringer Anzahl die ganze Siegpunktleiste durcheinander bringen. Denn jeder Fischer versorgt die Bevölkerung mit Essen. Allerdings schafft er immer nur sich selbst und noch vier weitere Helmträger zu ernähren. Hat man jedoch zu viele Wikinger gehordet (und hierbei zählen auch die faulen Herren auf dem Festland mit) und kann sie damit nichtmehr versorgen, gibt es am Ende des Spieles für jeden unterversorgten Herrn einen Malus von einem Siegpunkt. Hat man jedoch mitgedacht und schon früh fleißig Fischer gesammelt bringen jeder überversorgte Bewohner zwei Siegpunkte ein. Diese Regelung kann bei großem Ungleichgewicht der Fischer recht schnell den Sieg ausmachen. Auch die Bootsmänner sind zu mehr gut, als nur um eine Transportfahrt zu machen und anschließend Recyclet zu werden. Am Spielende gibt es nämlich auch extra Siegpunkte, für den Spieler mit den meisten noch ungebrauchten Fährmännern. Wobei man jedoch alle Menschen, für die man auf den Inseln ein Plätzchen frei hat verschiffen muss. Die armen kleinen Einweg-Bootsmänner kann man nach einer solche Fahrt jedoch leider nur noch in die Tonne kloppen. Neben einer einfachen Einsteigervariante gibt es zudem eine Alternative für Fortgeschrittene. Hier hat jeder Höchstbietende bei den Einkäufen eine Chance auf ein Sonderplättchen, dass bestimmte Boni ermöglicht. So geben beispielsweise Adelige, Späher oder Fischer bei einer Wertung mehr Siegpunkte, Goldschmiede sind effizienter oder es überkommt einen der spontane Geldsegen. Diese Zusatzregeln erhöhen den Glücksfaktor sowie die strategischen Möglichkeiten des Spiels. Zudem dürfen bei den den Fortgeschrittenen Spielern die Bootsmänner nur noch eine Person auf ihrem kleinen Schiff transportieren. Was ihren Verschleiß rasant erhöht. Doch auch hier kann ein Sonderplättchen Abhilfe schaffen. Ergattert man nämlich das große Boot für den Fährmann, kann er, wie schon bei den normalen Regeln entweder alle Leute der gleichen Farbe oder auch lauter verschiedenfarbige Festland-Hocker auf die Inseln fahren.
Strategie:
Da man nie wissen kann, welche Wikinger auf welchem Inselstück beheimatet sind, ist ein strategisches Vorausplanen nicht immer möglich. Zwar kann man ein wenig Einfluss darauf geben, welche Nordmänner billiger oder teuerer sind, wenn man die erweiterte Version spielt, doch sollte man immer weitere Strategien in der Hinterhand haben, wenn man auf den Sieg erpicht ist. Wichtig ist es auch die Endwertung im Auge zu behalten und zu schauen, dass genügende Fischer die Nahrungsversorgung gewährleisten, denn hier können wertvolle Siegpunkte über den Jordan gehen. Auch die Sonderziele, die erst bei der letzten Wertung zum Einsatz kommen, wie die Möglichkeit die längste Insel oder die Meisten Bootsmänner bzw. Inseln vorzuweisen, können noch stark am Endergebnis rütteln.
Interaktion:
Direktes Handeln zwischen den Spielern ist zwar nicht möglich, dennoch kann man durch geschicktes Kaufen und Wegkaufen so manchen Mitspieler frustrieren. Wer mit seiner eigenen Taktik es noch schafft die anderen Spieler aufzubringen, sollte jedoch vorsichtig sein, denn dies kann schnell nach hinten losgehen.
Glück:
Ein bisschen Glück ist natürlich auch im Land der Wikinger gefragt. Denn schließlich kommt es darauf an wann welche Inselplättchen auftauchen, wer welche Wikinger zieht und dann auch noch ein wenig, wer gerade an der Reihe ist. Natürlich können die meisten Faktoren beeinflusst und ein wenig berechnet werden, doch ganz ohne Fortunas Hilfe geht es auch hier nicht.
Packungsinhalt:
Der Packungsinhalt macht bei Wikinger einiges her. Wenn man von der historischen Unkorrektheit absieht, sind die kleinen farbigen Holzfiguren sehr hübsch gestaltet und auch die Inselplättchen und Münzen sind gewohnt stabil und schön designt. Anbei liegt noch ein Stoffsäckchen, aus dem die Figuren in jedem Zug gezogen werden. Schon das Drehrad auf dem Spielplan ist ein optischer Hingucker und auch der Rest des Feldes kann sich auch sehen lassen. Besonders schön ist das gute Inlay der Box, denn hier findet alles seinen eigenen Platz und fliegt sicher nicht bei der ersten Reise durcheinander. In Sachen Preis-/Leistung macht man bei diesem Hans im Glück-Titel auf keinen Fall einen Fehler.
Spaß:
Meinung der Redaktion:
Wikinger verfügt über eine ausgereifte Mechanik, die sich sowohl für Vielspieler als auch für Gelegenheitsspieler eignet. Egal ob mit gerader oder ungerader Spieleranzahl, Anfängern oder alteingesessenen Hasen, Wikinger lädt immer wieder zu einer neuen Runde ein. So können neue Strategien ausgetüftelt werden, wie man seine Nordmannen noch geschickter und taktisch ausgereifter platziert. Das Drehrad sorgt für eine gesellige Kaufstimmung und auch mit seinen Finanzen muss man ordentlich haushalten. Wer einen Geheimtipp für die nächste Reise mit dem Drachenschiff sucht, oder sein Trinkhorn an der Wand mal wieder abstauben möchte, sollte einen näheren Blick wagen.
Kevin Jensen für cliquenabend.de
Herzlichen Dank an Hans im Glück für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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GESAMT-
WERTUNG:
8/10
Gehörnter Spaß für die ganze Familie
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Erklärung zur Wertung: |
1-2 Ungenügend,
3 Mangelhaft,
4 Nicht lohnenswert,
5 Durchschnittsspiel, 6-7 Reizvoll, 8 Sehr gut, 9 Besonders Lohnenswert, 10 Topspiel |