Testbericht vom 17.06.2011 - von Jörg
1655 Habemus Papam
Verlag/Autoren/Illustratoren:
Genres:
Spielmechaniken:
Release:
2010
Anzahl der Spieler:
3 bis 4 Spieler
Spielzeit:
30 - 45 Minuten
Altersfreigabe:
Frei ab 10 Jahre
Durchschnittswertung:
6/10 bei 1 Bewertungen
SPIEL 2010: 1655 - Habemus Papam (DDD)
Vorwort:
Zur SPIEL 2010 konnte ein Spiel in einer kleinen Schachtel so gut überzeugen, dass es schnell in den Top 10 der Fairplay Liste vertreten war. Die Rede ist von „1655 – Habemus Papam“. Wörtlich übersetzt heißt es „1655 – Wir haben einen Papst“. Mit diesen Worten wird eine Papstwahl durch den Kardinalprotodiakon verkündigt. Mit Kurt vom DDD-Verlag haben wir zu diesem Spiel auch ein Video aufgenommen und dieses Mal dauerte es aufgrund der hohen Zulaufraten beim kleinen Verlag auch lange, bis wir endlich einen Platz für die Filmaufnahmen bekamen.
Mittlerweile interessieren wir uns auch immer mehr für thematische Spiele, die neben einem guten Mechanismus auch eine passende Hintergrundgeschichte liefern. Genau das soll bei diesem Spiel der Fall sein und so haben wir uns auch vor Spielbeginn etwas mit der Historie befasst. Zum einen wird im Spiel von einer Konklave gesprochen, die man als abgeschlossenen Ort und gut und gerne auch als Wahllokal der Kardinäle für die Papstwahl bezeichnen kann. Traditionell ist dies die Sixtinische Kapelle, welche auch wir vor einigen Jahren besichtigen konnten, auch wenn man als Tourist durch die Gänge gedrückt wird und man sich vielleicht etwas mehr Ruhe gewünscht hätte.
Kardinäle an einem Ort einzuschließen, bis ein neuer Papst bestimmt wurde, geht auf Honories III (1216) zurück und die erste dieser Konklaven fand 1241 statt.
In diesem Spiel geht es allerdings um das Jahr 1655, bei der Wahl von Alexander VII (Kardinal Fabio Chigi). Der erste Wahlgang endete damals in einer Zersplitterung der Stimmen und einer hohen Anzahl an Stimmenthaltungen. Machtspielchen zwischen Frankreich und Spanien und der Wunsch nach einer bestimmten Person sorgte für wochenlange Auseinandersetzungen, doch im Spiel dauert es glücklicherweise nur knapp 45 Minuten, bis ein Papst feststeht bzw. die Mehrheit der Stimmen einen Sieger bestimmt. Man merkt es uns an, die Geschichte fasziniert und jetzt sind wir natürlich auch gespannt, ob dieses Spiel genau so spannend verläuft wie die damalige Wahl.
Ziel des Spiels:
Der Papst ist tot und jeder Spieler schlüpft in der Rolle eines Kardinals und versucht dabei möglichst viele Stimmen auf sich zu ziehen. Wenn nach der zweiten Phase und dem Aufsteigen des weißen Rauches das Spielende verkündet wird, gewinnt der Spieler mit den meisten Stimmen.
Spielaufbau:
Alle Karten trennt man nach Rückseite und mischt die 18 politischen- und 18 Aktions-Karten. Im Stapel der Kardinalskarten wird nach dem Mischen in etwa der Mitte des Stapels die Karte „Schwarzer Rauch“ eingeschoben. Die letzten drei Karten mischt man mit der Karte „Weißer Rauch“ und schiebt diese vier Karten unter den Stapel. Diese insgesamt drei verdeckten Kartenstapel legt man in die Tischmitte und die Camerlengo-Karte (mit den Symbolen) daneben. Die Edelsteine und Goldkarten legt man zur Seite. Jeder erhält ein vorgegebenes Startkapital an Edelsteinen. Die zweite Camerlengo-Karte (ohne Symbol) wird auf dem Standfuß vor einen Spieler gestellt. Ein Spieler der Anfangs und im weiteren Verlauf diese Karte vor sich hat, ist Startspieler. Die acht Auftragskarten werden gemischt und jeder erhält zwei dieser Karten. Nicht benötigte Karten (bei drei Spielern) kommen ungesehen aus dem Spiel.
Spielablauf:
Das Spiel besteht aus vier Phasen, welche neben den Kartenmöglichkeiten auf dem Sichtschirm der Spieler abgedruckt sind. Die Spieler halten somit ihr Spielmaterial immer hinter ihrem Schirm.
Die Phase im Einzelnen:
1. Karten in der allgemeinen Auslage aufdecken
Der Spieler mit der Camerlengo Karte deckt jeweils die oberste Karte der drei Stapel auf.
2. Aktionskarten spielen (optional)
Jeder Spieler hat die Möglichkeit, eine Aktionskarte auszuspielen. Hierzu legt man die Karte verdeckt vor seinen Sichtschirm, bevor die Aktionen reihum durchgeführt werden. In der ersten Runde kommt diese Phase noch nicht zur Geltung.
3. 0 bis 3 Edelsteine bieten
Die Spieler bieten um die Auslage der insgesamt vier Karten. Hierzu nutzen sie ihre Edelsteine. Je nach Karte und gewünschter Abwicklungsreihenfolge nehmen die Spieler 0 bis 3 ihrer Edelsteine in die Hand, bilden eine Faust und gleichzeitig werden die Ergebnisse bekanntgegeben. Bei Gleichstand entscheidet die Wertigkeit der Edelsteine und bei komplett identischen Steinen die Spielerreihenfolge. Da die Diamanten nur zu Spielbeginn vergeben werden und später nicht mehr greifbar sind, sollte man gut überlegen, wieviele und insbesondere welche Edelsteine einem die Karten bzw. die Spielreihenfolge wert sind.
4. Karte nehmen
Nachdem die Reihenfolge der Spieler festgelegt wurde, können sich die Spieler für eine Karte entscheiden.
- Kardinalskarten: Jeder Kardinal bringt am Ende eine Stimme, was auch symbolisch auf den Karten angezeigt wird. Gleichzeitig bekommt der Spieler fünf Goldstücke, sobald die Karte „Schwarzer Rauch“ aufgedeckt wurde. Kardinalskarten werden immer vor den Sichtschirm gelegt.
- Politische Karten: Mit diesen Karten erhält man zusätzliche Stimmen oder Gold und die darauf genannte Eigenschaft muss sofort genutzt werden. Je nach Aktion werden auch diese Karten vor dem Sichtschirm platziert.
- Aktionskarte: Aktionskarten bringen diverse Vorteile, welche man allerdings erst in Phase 2 ausspielen kann. Im Stapel sind allerdings auch vier Fraktionsführer enthalten, die man wie auch normale Kardinäle vor den Schirm legt.
- Camerlengo-Karte: Doch wie bekommt man weitere Edelsteine? Diese Frage beantwortet die Camerlengo-Karte, denn der Spieler erhält neben einem Goldstück auch drei der abgebildeten Edelsteine. Gleichzeitig wird er dadurch Startspieler der kommenden Runde.
Früher oder später wird auch die Karte „Schwarzer Rauch“ aufgedeckt und diese führt zu einer kurzen Spielunterbrechung. Alle Spieler erhalten Gold entsprechend ihrer Karten und müssen eine ihrer beiden Aufträge ablegen. Erst anschließend geht das Spiel wie üblich weiter.
Das Spielende wird mit dem Aufdecken der Karte „Weißer Rauch“ eingeläutet. Die aktuelle Runde wird allerdings noch zu Ende gespielt, zumal der Camerlengo noch vier Goldstücke einbringt. Erst jetzt beginnt die Auszählung der Stimmen. Für jeden Edelstein erhalten die Spieler ein Goldstück. Wer Felipe-Karten vor sich liegen hat bekommt weitere Goldkarten. Reihum und am Besten einzeln werden jetzt die Stimmen berechnet. Zuerst prüft der Spieler, ob er mit seiner Auftragskarte Stimmen bekommt. Anschließend zählt man die Stimmen von Kardinälen und Fraktionsführer hinzu.
Hat der Spieler Louis XIV Karten, erhält er abhängig von der Kartenanzahl weitere Stimmen. Das Gold kann man mit Hilfe von Marazin-Karten in Stimmen umwandeln. Wer keine solche Karte(n) besitzt, bezahlt 15 Gold für eine Stimme. Für Seilschaften, also Karten mit gleichem Symbol, gibt es eine Extrastimme. Wenn ein Spieler die Karte „Squadrone Volante“ besitzt, kommen sogar nochmals drei Stimmen hinzu. Am Ende gewinnt der Spieler mit den meisten Stimmen.
Die Besonderheit einiger Karten wird am Ende auch erklärt. Für die erste Runde empfiehlt sich die entsprechende Stelle erst beim Aufdecken der Karte nachzulesen.
Strategie:
Wie mittlerweile bei vielen Spielen muss man auch „1655“ ein- bis zweimal spielen, um die Stärken einzelner Karten einschätzen zu können. Oft machen die Spieler anfangs den Fehler, dass sie zu viel bieten und vielleicht sogar ihre Diamanten für nicht all zu starke Karten verlieren. Wer viel Gold besitzt, versucht möglichst viele Marazin-Karten zu bekommen. Andere Spieler legen dagegen lieber Wert auf Louis XIV Karten und die dritte Spielergruppe schaut eher darauf, viele Kardinäle zu bekommen. In unseren Runden schafften wir es allerdings unabhängig von der Strategie fast immer, die Aufträge zu erfüllen, auch wenn durch bestimmte Aktionskarten man den einen oder anderen Kardinal wieder verliert. Der Strategiefaktor hält sich insgesamt aber in Grenzen, zumal gerade das Glück bei einem Gebot eine wichtige Rolle spielt und dadurch den Strategiefaktor etwas nach unten drückt.
Interaktion:
Etwas Kommunikation ist durchaus vorhanden, auch wenn es oft nur Kommentare zu einzelnen Spielzügen sind. Auch von Handelsgeschäften kann keine Rede sein, wenn ein Spieler Goldstücke verlangt oder Kardinäle von Mitspieler austauscht. Der Interaktionsfaktor bleibt somit auf niedrigem Niveau.
Glück:
„1655“ ist ein sehr glücksbetontes Spiel, in dem man nicht nur ständig neue Karten aufdecken muss, sondern auch durch die Gebote nie sicher weiß, ob man anschließend als Erster eine Karte auswählen darf. Auch kurz vor Ende kann man durch Aktionen noch seinen Auftrag verlieren, wenn einem zufällig ein Mitspieler den benötigten Kardinal wegnimmt. Das Glück zieht sich somit von Anfang bis Ende und der weiße Rauch kommt oft dann, wenn man nicht damit rechnet.
Packungsinhalt:
Etwas unscheinbar und schlicht wirkt die Grafik für viele Spieler. Das liegt allerdings an der Thematik und den Bildern zur damaligen Zeit. Die Anleitung ist aufgrund der vielen Seiten recht umfangreich, wobei dies lediglich an den detaillierten Erklärungen liegt. Die Abläufe ansich werden auf wenigen Seiten erklärt und damit steht einem schnellen Spieleinstieg nichts im Wege. Die beigefügte Auflistung der Kardinäle ist für Spieler interessant, welche sich für die Geschichte der Kardinäle interessieren. Die Qualität der Karten passt, was auch auf die Sichtschirme und Edelsteine zutrifft. Das Spiel kostet etwa 15 Euro.
Spaß:
Ein Spiel für 3 bis 4 Personen, wobei insgesamt die Runden zu Viert am Besten funktionieren. Hier bestehen weniger Auswahlmöglichkeiten und der Startspieler wechselt regelmäßig. Zu Dritt entscheiden sich die Spieler oft für eine der drei ausliegenden Karten. Die Partien dauern kaum länger als 30 Minuten, so dass auch wir fast immer eine weitere Runde gespielt haben. Die Idee mit schwarzem und weißem Rauch passt gut in die Spielabläufe und so rückt auch die Thematik immer wieder in den Vordergrund. Das „Herunterspielen“ einzelner Phase kann man zwar durchaus feststellen, doch mit den Aktionskarten kommt regelmäßig Abwechslung ins Spielgeschehen.
An dieser Stelle hätten wir uns allerdings noch mehr unterschiedliche politische als auch Aktionskarten gewünscht. Hier bietet sich vielleicht sogar eine kleine Erweiterung an. Wir würden uns auf jeden Fall darüber freuen. Insgesamt gesehen liegt der Spielspaß aber über dem Durchschnitt.
Jörgs Meinung:
Es ist aus unserer Sicht viel schwieriger ein gutes Spiel zu einem Thema zu entwickeln, anstatt einen guten Mechanismus irgendeiner Thematik zugrunde zu legen. Mit „1655“ rückt die Papstwahl in den Vordergrund und die Spieler versuchen möglichst viele Stimmen zu erhalten. Die Idee mit dem schwarzen und weißen Rauch wurde dabei sehr gut verknüpft.
Einige politische Karten als auch Aktionskarten sorgen für etwas durcheinander, wobei wir uns hier sogar noch mehr Action gewünscht hätten. Um an Stimmen und bestimmte Eigenschaften zu gelangen wird mit Edelsteinen geboten, die das Spiel dadurch sehr glücksbetont erscheinen lassen. Insgesamt macht das Spiel durchaus Spaß, insbesondere zu Viert, da Runden kaum länger als die angegebenen 30 Minuten dauern und die Regeln relativ schnell verinnerlicht sind.
Silke und Jörg Köninger für cliquenabend.de
Vielen Dank an DDD für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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GESAMT-
WERTUNG:
6/10
Thematisch sehr gut umgesetzt und zu Viert durchaus attraktiv! Etwas mehr unterschiedliche Aktionen hätten wir allerdings gewünscht.
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Erklärung zur Wertung: |
1-2 Ungenügend,
3 Mangelhaft,
4 Nicht lohnenswert,
5 Durchschnittsspiel, 6-7 Reizvoll, 8 Sehr gut, 9 Besonders Lohnenswert, 10 Topspiel |
Bilder
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