Helvetia
Verlage:
Autoren:
Illustratoren:
Genres:
Spielmechaniken:
Release:
2011
Anzahl der Spieler:
2 bis 4 Spieler
Spielzeit:
60 Minuten
Altersfreigabe:
Frei ab 12 Jahre
Durchschnittswertung:
6/10 bei 1 Bewertungen
Vorwort:
Wenn man in den Genuss dazu kommt einen Prototypen zusammen mit dem Autor zu spielen ist dies ein ganz eigenes Erlebnis, was natürlich auch nicht jeder mag. Viele mögen nur das fertige austarierte Spiel sehen und genießen und nicht vorher etwas "schlechteres" mit noch nicht fertiger Grafik. Der Vorteil liegt aber auch auf der Hand zum einen lernt man ein Spiel schon vor der Veröffentlichung kennen und zum anderen macht es (zumindestens uns) sehr viel Spaß zusammen mit dem Autor an seiner Idee zu feilen. Man kann Ratschläge geben und diskutieren ob dies so oder so geregelt werden darf/sollte/müsste/ggbfls. besser wäre. Der Autor selbst ist natürlich über jede Kritik froh und versucht sie, wenn er sie für Verfolgungswürdig hält, auszutesten und ggbfls. einzubauen.
Ein weiterer Vorteil ist der, dass man das Spiel in verschiedenen Versionen kennt und nicht immer die Endversion vom Verlag auch wirklich die Beste sein muss. So kann es passieren, dass bestimme Regeln aus Zielgruppengründen, Komplexitätsgründen, Zeitgründen oder zur Generellen Entschlackung entfernt werden und auch die fertige Illustration unterstützt nicht immer das Spiel sondern kann auch behindern. Warum wir dies gerade bei dem Spiel "Helvetia" von Matthias Cramer, erschienen beim Kosmosverlag als Einleitung schreiben? Nun darauf gehen, wir mehr im Absatz Spielmaterial ein. Trotzdem sei schon mal im vornherein gesagt, wir haben den Prototypen mehrfach gespielt und fanden das Spiel sehr spaßig.
Im fertigen Spiel sind wir in der Schweiz zu Beginn des 19. Jahrhunderts und als Ortsvorsteher lenken wir die Geschicke unserer Dorfgemeinschaft. So geht es darum Güter zu produzieren, sich um seine Kinder zu kümmern und Ihnen eine Zukunft in einem Gewerbe zu sichern und natürlich auch sie einzuheiraten in die Nachbardörfer. Tja so ein Leben ist gar nicht so einfach wie gedacht und diese Verantwortung....
Spielziel:
Das Spiel endet, wenn ein Spieler 20 oder mehr Siegpunkte in einer Spielrunde erreicht hat. Nun zählt jeder Spieler seine Siegpunkte aus und wer die meisten hat, hat wohl das größte Geschick bewiesen.
Spielablauf:
Helvetia ist ein Rohstoffspiel, welches komplett ohne Rohstoffsteine auskommt. Wir erstellen nur Produktionsketten und die Güter müssen sofort verwendet werden, wenn wir sie produzieren. Klingt außergewöhnlich für Vielspieler oder? Exakt, das ist das Spielgefühl auch bei der ersten Partie. So muss man sich erst mal in diese neue Denkweise rein fuchsen. Aber natürlich ist dies noch nicht alles. Wir besitzen ein Dorf, welches zu Spielbeginn auch schon mit Gebäuden und mit Menschen darauf die verschiedene Berufe haben, ausgestattet ist. Jeder Spieler hat nun 4 eigene Münzen, die sozusagen unsere Aktionen bezahlen. Mit Ihnen legen wir nämlich fest, welche genauen Aktionen (im Spiel sind das Persönlichkeiten) wir nutzen werden. Verheiraten wir uns mit den richtigen Personen am Tisch können wir im Verlaufe des Spiels noch zwei weitere dieser Münzen hinzu erhalten, was natürlich äußerst lohnenswert ist. Dies stellt sozusagen die Mitgift dar, ach war das früher eine harmonische Zeit.
Nun denn, das Prinzip ist also simpel, wenn man am Zug ist platziert man eine Münze auf einer Persönlichkeit und führt danach die Aktion aus. Hierbei darf man auch mehrere Münzen platzieren was zur Folge hat, dass man die Aktion mehrmals ausführt. Was ist aber hierbei der Vorteil? Nun zum einen kann ich somit ggbfls. einen Mitspieler zuvorkommen und zum anderen beeinflusse ich so den Startspieler, denn sobald nur noch ein Spieler Münzen hat ist die aktuelle Spielrunde vorbei und jeder erhält seine Münzen zurück. Der Spieler der noch Münzen hat wird dann neuer Startspieler. Somit ist dies durchaus aus taktischen Gründen interessant. Allerdings darf man die Aktion nur mehrfach ausführen, wenn man sie auch ausführen kann...
Mit Hilfe der Persönlichkeit "Baumeister" kann ich natürlich weitere Gebäude bauen. Hierfür benötige ich aber die passenden Rohstoffe die auf den Gebäuden abgebildet sind. Moment einmal Rohstoffe? Wo sind die Rohstoffsteine ihr sagtet doch die gibt es nicht? Korrekt, wir sagten aber auch etwas von "sofort verwendet werden" und genauso funktioniert es auch. Eure Spielfiguren stehen auf Gebäude, wenn ihr sie am Rundenende auf leere Gebäudefelder stellt oder wenn ihr sie einheiratet. Diese Gebäude könnt ihr nun aktivieren und so Güter produzieren bzw. weiter verarbeiten. Zur Markierung legt ihr eure Figur hin. Auf diese Weise könnt ihr also die Rohstoffe bezahlen.
In neue Gebäude zieht auch sofort eine einzelne Figur von euch ein, wenn ihr noch "Singles" in eurer Dorfmitte habt. Das Problem ist nur, dass ihr nicht immer alle Güter besitzt, nun dem könnt ihr zu mindestens Teilweise entgegenwirken, denn jeder zusätzlich platzierte Stein auf dem "Baumeister" könnt ihr als einen der drei Grundgüter verwenden.
Jetzt haben wir euch erklärt wie ihr Güter gleich verwendet und natürlich wurden früher nicht nur neue Häuser gebaut sondern die Güter wurden auch auf dem Markt angeboten und verkauft. Hierfür gibt es die Persönlichkeit "Fuhrmann", denn dieser nimmt eure Güter dankend an und beliefert mit Ihnen die nächste große Stadt. Dabei hat er ein besonderes Interesse daran, Güter als erster in der großen Stadt anzubieten und somit winken Extra Siegpunkte, wenn man ein Gut als erster in dieser Spielrunde produziert und dem Fuhrmann aushändigt. Auch hierbei können wieder mehrere eurer Figuren verwendet werden um komplexere Güter zu produzieren. So könnt ihr z.B. mit dem Heu eine Kuh füttern, die wiederrum Butter produziert.
Wenn ihr diese zwei Aktionen oft verwendet erkennt ihr schnell ein erneutes Problem, eure Figuren befinden sich im liegenden "schlafenden" Zustand auf den Gebäuden und können euch aktuell nicht mehr helfen. Das geht doch nicht, diese faule Bagasch verschläft noch den ganzen Tag. Hier ist professionelle Hilfe im Form vom "Nachtwächter" gefragt. Dieser weckt eure Figuren wieder auf und ihr könnt sie erneut verwenden. Allerdings weckt er nur ein Stadtviertel auf und somit solltet ihr das wecken gut koordinieren. Zum anderen weckt er grundsätzlich alle Menschen in diesem Viertel auf, also auch eure Gegenspieler die bei euch eingeheiratet sind. Somit helft ihr ggbfls. auch euren Mitstreitern damit.... ärgerlich.
Wo wir schon bei der faulen Bagasch sind. Wenn sie erwachsen sind sollen sie gefälligst raus aus der Schule und heiraten. Immerhin liegen sie hier euch nur faul auf der Tasche. Zum Glück gibt es den "Pfarrer" der gerne wieder zwei sich liebende vereint. Heiraten könnt ihr in fremde Dörfer. Hierfür schaut ihr einfach nach wo einzelne Personen auf Gebäuden stehen. Natürlich könnt ihr nur Männlein mit Fräulein verkuppeln. Schwule und Lesbische Ehen gab es im 19. Jahrhundert nicht zumindestens keine offiziellen mit Pfarrer.
Als letztes kommen wir zum pikanten Teil, wo nach einiger Zeit die "Hebamme" benötigt wird. Mit ihr könnt ihr den Beischlaf eines Pärchens in eurem Dorf initiieren und erhaltet ein Kind. Entgegen der offiziellen Meinung müssen hierfür übrigens die ausführenden Erwachsenen nicht "aktiv" sein, immerhin heißt es ja auch Bei"schlaf". Auch könnt ihr das Geschlecht im Spiel des neuen Kindes bestimmen und somit taktisch agieren. Hierfür nehmt ihr eine passende Person und kippt sie auf das Gebäudefeld, so dass der Babysticker auf der Unterseite der Figur sichtbar wird.
Diese Aktionen führt ihr nun solange aus, bis nur noch ein Spieler Aktionen übrig hat. Die Spielrunde ist beendet und es gibt Personenplättchen. Diejenigen Spieler die die Mehrheit haben auf den Personen erhalten das gleichnamige Plättchen. Mit ihm erhält man einen Siegpunkt und kann diese Aktion in der nächsten Spielrunde kostenlos zusätzlich ausführen. Der Siegpunkt ist allerdings nicht von Dauer, denn schon nach der nächsten Runde könnte ein anderer Spieler die Mehrheit besitzen.
Bei einem neuen Rundenstart, werden eure Kinder auch in die Schule geschickt und die die in der Schule waren kommen als Single in euer Dorf. Somit dauert es 2 Runden bis ein Kind erwachsen wird. Die Zeit vergeht ganz schön schnell was?
Euer Primäres Ziel sind natürlich die Gebäude und die Produktion von Gütern. Denn wenn ihr als erster und zweiter euer Gebäude komplett umbaut winken Extra Siegpunkte, genauso wie für die erste Produktion von Gütern, sowie das produzieren einer kompletten Gütergruppe. Dies sind Punkte die man nicht verachten sollte, denn das Spiel ist beendet sobald ein Spieler 20 oder mehr Punkte besitzt.
Strategie:
In Helvetia muss man sich auf die Produktionsketten konzentrieren und versuchen diese Auszubauen und auch schnell wieder aufwecken zu können und damit erneut zu nutzen. Das ist aber gar nicht so einfach wie es klingt, denn zum einen benötigt man ja Rohstoffe um überhaupt die Gebäude zu bauen und zum anderen heißt es hier schlau einzuheiraten. Dies sollte man zum einen nutzen um seine zusätzlichen Aktionsmünzen zu erhalten und zum anderen um wichtige Gebäude nutzen zu können die man selbst nicht besitzt. Im Zweifelsfall hilft auch mal ein Tauschgebäude statt einer direkten Produktion oder Umwandlung.
Grundsätzlich solltet ihr aber auch immer ein Auge auf die Strategie eurer Mitspieler haben, auf welche Ziele bereiten sie sich gerade vor. Sind sie ggblfs. schneller als Ihr bei einem Punkt. Könnt ihr das verhindern oder gebt ihr euch geschlagen und richtet eurer Augenmerk auf ein neues Ziel? Immerhin solltet ihr die Siegpunkte am Markt nicht vernachlässigen sie sind Zwingend notwendig zum Spielsieg.
Interaktion:
Zum einen Interagieren die Spieler natürlich mit Hilfe der Gebäude und des Marktes. Hier ist es ein wahrer Wettlauf, wer zuerst seine Ziele erreicht und hier und da kann man einen Mitspieler einen Stein in den Weg legen, wenn man schneller ist als er. So lohnen sich auch die mehrmaligen Aktionen.
Zum anderen gibt es natürlich durch die Hochzeiten und Gebäude Interaktion. Denn man versucht möglichst die Geschlechter zu gebären die man wieder gut und strategisch verkuppeln kann.
Glück:
In Helvetia sind alle Informationen offen und somit gibt es sehr wenig Glücksfaktoren. Einzig allein die Züge der Mitspieler lassen sich nicht immer leicht hervorsehen. Somit ärgern sie einem des öfteren indem sie Schneller sind als man selbst und somit Extra-Siegpunkte vor der Nase wegnehmen. Dies ist aber weniger ein Glückselement sondern eher ein Interaktionselement.
Packungsinhalt:
Aja, wir erwähnten ja schon im Vorwort, dass wir hier nochmal speziell drauf eingehen wollten. Helvetia halte ich für ein sehr spaßiges und gutes Spiel und der Prototyp hat mir damals schon sehr gut gefallen. Leider kommt es natürlich auch in der redaktionellen Bearbeitung vor das gewisse Dinge nicht perfekt umgesetzt werden, was bei Helvetia leider zutrifft.
Zum einen kann man aufgrund der sehr ähnlichen Formen Männer und Frauen sehr schlecht unterscheiden, was sehr spielbehindert ist. Dies wurde allerdings in der neuen Edition behoben, indem man den Männern Hutaufkleber spendierte (Besitzer der ersten Auflage können diese Aufkleber übrigens Kostenfrei beim Verlag anfordern).
Die Babyaufkleber auf den Figuren sehen in meinen Augen sehr "hässlich" aus und sorgen nicht gerade für ein positives Augenerlebnis. Hier gibt es aktuell allerdings noch keine Verbesserung.
Ein andere redaktionelle Fehler, der jedoch nicht so einfach behebbar ist, sind die Grafiken der Güter, diese sind zwar sehr detailreich illustriert und sehen ohne Frage schön aus, aber sie sind schlecht auf den Karten erkennbar. Zwar hat der Verlag lobenswerter Weise die Umrandung der Güter farblich den einzelnen Produktionsketten zugeordnet, aber nicht immer ist ersichtlich welcher Baustoff/Rohstoff gemeint ist. Erst ein genaues Hinsehen hilft. Auch dies führ leider zu einem kleinen Spielhindernis, was hätte vermieden werden können.
Somit ist Helvetia in seiner fertigen Form zwar recht schön anzusehen (bis auf die Babyaufkleber), aber im Verhältnis zum Prototypen leider etwas schwieriger spielbar, weil man bei bestimmten Dingen zwei-dreimal hinsehen muss.
Sehr Schade, denn wie gesagt, das Spielmaterial als solches ist Hochwertig, die Illustrationen sehr schön, der Preis von ca. 26,99 € passt und auch der Spielspaß ist gut - aber wie gesagt die Umsetzung ist etwas Spielhinderlich.
Spaß:
Das Einheiraten in fremde Dörfer und auch die Produktionsketten sind sehr innovative Mechanismen. Somit werden Kenner der Spielszene die Augen hochklappen und sicherlich Gefallen an diesen neuen Ideen haben. Das Grundkonzept ist schnell verstanden und sowohl Vielspieler als auch Familienspieler sollten mit den Regeln nach etwas Eingewöhnungszeit zurechtkommen. Trotzdem handelt es sich hierbei natürlich um ein anspruchsvolles Spiel und somit ist das Spielen mit unerfahrenen Spielern zwar möglich, aber sie benötigen eine helfende Vielspielerhand zur Einführung.
Wir hatten in unseren Runden sehr viel Spaß und Helvetia ist definitiv ein gutes Spielerhighlight des Jahres 2012. Allerdings wird der Spaß etwas gemildert durch die Stolpersteine die schon erwähnt wurden.
Smukers Meinung:
Ich hatte mich auch die Umsetzung des Spieles sehr gefreut, gerade weil mir der Prototyp sehr gut gefallen hat. Leider hat der Kosmos Verlag hier bei der redaktionellen Arbeit nicht so gut aufgepasst, wie wir uns Spieler das gewünscht hätten und somit gibt es zwei graphische Hindernisse, wobei eines inzwischen durch Aufkleber behoben wurde.
Trotzdem verbirgt sich hinter dem Karton ein sehr gutes Spiel, was viele Vielspieler ansprechen wird und auch nach vielen Partien interessant bleibt. Somit solltet ihr über die graphische Hürde in den ersten Partien hinweg sehen und dem Spiel eine Chance geben - es hat diese definitiv verdient.
Andreas Buhlmann für cliquenabend.de
Vielen Dank an Kosmos für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
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GESAMT-
WERTUNG:
6/10
Sehr gute Spielmechanismen, ein hoher Wiederspielreiz, leider etwas behindernde graphische Spielumsetzung...
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Erklärung zur Wertung: |
1-2 Ungenügend,
3 Mangelhaft,
4 Nicht lohnenswert,
5 Durchschnittsspiel, 6-7 Reizvoll, 8 Sehr gut, 9 Besonders Lohnenswert, 10 Topspiel |
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